In unseren Newslettern 03/2024 und 04/2024 hatten wir uns angeschaut, welche Besonderheiten bei der Unfallregulierung mit einem Leasingfahrzeug zu beachten sind. Heute wenden wir das Ganze auf finanzierte Fahrzeuge an. Hier ist landläufig die Meinung: „Wieso gibt es hier Besonderheiten? Das Fahrzeug gehört doch mir!“ So ist es aber nicht, denn:
Was ist Finanzierung?
Eine Finanzierung bietet sich an, wenn ein Kunde ein Fahrzeug kaufen möchte, aber nicht die finanziellen Mittel zur Bezahlung des Kaufpreises hat. Der Kunde nimmt zur Finanzierung des Kaufpreises – beim Händler, Hersteller oder einem unabhängigen Kreditinstitut – einen Kredit auf und kommt in monatlichen Raten für die Rückzahlung auf. Als Gegenleistung für die Bereitstellung des Darlehens verlangt der Kreditgeber einen Zins, der in den Monatsraten enthalten ist.
Wie beim Leasing ist auch der Kreditnehmer während der Finanzierungsperiode nur Halter des Fahrzeugs und nicht Eigentümer. Die Bank verlangt als Sicherheit die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) und darf, sofern der Kunde die Raten nicht mehr zahlen sollte, das Fahrzeug verkaufen, um das Darlehen zu decken. Nach Rückzahlung des Kredits händigt die Bank dem Kreditnehmer den Fahrzeugbrief aus und so wird dieser Eigentümer des Fahrzeugs.
Auch bei der Finanzierung gibt es mittlerweile unterschiedliche Vertragsformen:
Den klassischen Ratenkredit oder die Drei-Wege-Finanzierung. Die Drei-Wege-Finanzierung ist eine Unterart der Ballon-Finanzierung. Kennzeichnend für einen Ballon-Kredit ist, dass auf die Monatsraten noch eine Schlusszahlung (der Ballon) folgt.
Die Besonderheit bei der Drei-Wege-Finanzierung ist, dass der Kreditnehmer zum Ende der Laufzeit die Wahl zwischen drei Möglichkeiten hat.
- Er begleicht die Abschlusszahlung und kauft das Auto.
- Er finanziert die Abschlusszahlung mit einer Anschlussfinanzierung.
- Er gibt das Auto dem Händler zu einem bereits bei Kauf vereinbarten Preis zurück. Die Voraussetzung dafür: Der Wagen hat die vereinbarte Kilometerleistung nicht überschritten, ist unbeschädigt und in altersgemäß gepflegtem Zustand. Ist das nicht der Fall, können weitere Kosten auf den Kreditnehmer zukommen (wie bei der Leasingrückgabe).
Der dritte Weg, also das Rückgaberecht, ist der wesentliche Unterschied zum normalen Ballonkredit.
Wer ist Anspruchsberechtigter?
Grundsätzlich ist derjenige, der im Kaufvertrag steht, der Eigentümer und damit Anspruchsinhaber. Bei einer Fahrzeugfinanzierung steht zwar der Kunde im Kaufvertrag, allerdings lässt sich die finanzierende Bank bis zur Beendigung des Darlehensverhältnisses das Eigentum an dem finanzierten Fahrzeug übertragen (sog. Sicherungseigentum). Die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) wird bei der Bank hinterlegt. Damit sichert sich die Bank im Hinblick auf etwaige Zahlungsausfälle des Kreditnehmers.
Das Sicherungseigentum verschafft der Bank zivilrechtlich Eigentum, sodass diese nach außen gegenüber Dritten Eigentümer ist. Im Innenverhältnis sind die Befugnisse des Sicherungsnehmers im Verhältnis zu dem Sicherungsgeber schuldrechtlich beschränkt. Er darf von seinem Eigentum nur zur Erfüllung der gesicherten Schuld und nur dann Gebrauch machen, wenn die in der Sicherungsabrede festgelegten Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Halter und unmittelbarer Besitzer des Fahrzeuges ist der Fahrzeugkäufer und Kreditnehmer.
Damit hat auch die Bank als Sicherungseigentümerin des Fahrzeuges im Falle einer unfallbedingten Beschädigung des finanzierten Fahrzeuges Schadensersatzansprüche gegenüber dem Schädiger. Dem Unfallgeschädigten, der nur Besitzer und Halter des beschädigten Fahrzeuges ist, stehen in Bezug auf den Schaden am Fahrzeug zunächst keine eigenen Schadensersatzansprüche zu, denn es wurde ja das Eigentum der finanzierenden Bank beschädigt. Der Sicherungsgeber kann aber als Besitzer die Schäden geltend machen, die durch Eingriffe in das Recht zu Besitz, Gebrauch und Nutzung verursacht wurden.
Die Bank kümmert sich aber in der Regel nicht sich selbst um die Schadensregulierung. Ihr geht es letztlich nur darum, dass ausreichend Sicherheit in Bezug auf den laufenden Kredit und den noch offenen Darlehensbetrag besteht und das Finanzierungskonto ausgeglichen ist.
Die Bank ermächtigt daher meist den den Kreditnehmer zur Geltendmachung der Ansprüche im eigenen Namen oder tritt ihm die Schadensersatzansprüche ab.
Ob und welche Rechte die Bank im Einzelfall aus einem Verkehrsunfall herleitet, kann nicht generell beantwortet werden. Dafür sind die jeweiligen Finanzierungsbedingungen zu prüfen. Grundsätzlich ist der Sicherungsgeber dazu verpflichtet, die Bank über den unfallbedingten Fahrzeugschaden zu informieren und ihn zu belegen. Diese wird ihm dann mitteilen, wie im Einzelfall zu verfahren ist.
Reparatur- oder Totalschaden?
Im Fall des Reparaturschadens erlaubt die Bank nur selten, dass die Reparaturkosten an den Sicherungsgeber ausgezahlt werden dürfen. Der Grund dafür ist, dass die Bank bis zum Ende der Vertragslaufzeit und Rückgabe des Fahrzeugs ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Eigentum gesichert ist. Daher lautet die Vorgabe meist, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß gemäß Gutachten instand zu setzen ist.
Andernfalls kann beispielsweise Folgendes passieren: Ein Sicherungsgeber hat drei unverschuldete Unfälle, lässt das Fahrzeug aber nach keinem dieser Unfälle reparieren. Die Beschädigungen stören ihn nicht, weshalb er sich lieber das Geld auszahlen lässt. Nach ein paar Wochen zahlte er jedoch seine Finanzierungsraten nicht mehr, so dass die Bank von ihrem Recht Gebrauch macht, das Fahrzeug einzuziehen und zu veräußern. Jetzt stellt die Bank fest, dass das Fahrzeug keinen besonderen Wert mehr hat. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Geschädigten bleiben erfolglos. So hat die die Bank einen immensen Schaden erlitten, den sie nicht erstattet bekommt, da die Ansprüche des Unfallgeschädigten gegenüber der gegnerischen Versicherung bereits beglichen worden sind.
Allerdings lohnt sich bei einem finanzierten Fahrzeug immer eine Anfrage bei der Bank, ob diese einer fiktiven Abrechnung zustimmt. Oft stimmt die Bank bei kleinen Schäden einer fiktiven Auszahlung zu oder dann, wenn die Kreditsumme schon fast abbezahlt ist. Ansonsten gibt es auch die Möglichkeit, dass der Betrag der fiktiven Reparaturkosten der Finanzierung gutgeschrieben wird. Das Geld ist dann also nicht weg, sondern wird mit der restlichen Darlehenssumme verrechnet, so dass der Kreditnehmer weniger abzahlen muss.
Bei einem Totalschaden erklärt die finanzierende Bank in aller Regel ihr Einverständnis, dass das Fahrzeug durch den Unfallgeschädigten zum Restwert veräußert wird. Die Bank bittet um Zusendung des Kaufvertrags, den der Unfallgeschädigte mit dem Restwertkäufer geschlossen hat und um Einzahlung des Kaufpreises in Höhe des Restwertes auf das Finanzierungskonto durch den Restwertaufkäufer. Die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief), die bei der finanzierenden Bank als Sicherungseigentümerin hinterlegt ist, wird von der Bank dann nach Einzahlung des Kaufpreises an den Restwertaufkäufer als neuen Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges übersandt.
Die Schadensersatzzahlungen der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe des Widerbeschaffungsaufwands erfolgen normalerweise auch auf das Finanzierungskonto. Je nachdem, welcher Finanzierungsbetrag zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls noch offen war und in welcher Höhe aufgrund des Unfalls Zahlungen auf das Finanzierungskonto geleistet wurden, ergibt sich möglicherweise ein Guthaben auf dem Finanzierungskonto zugunsten des Unfallgeschädigten. Dieses wird mit Beendigung des Darlehensverhältnisses an den Unfallgeschädigten ausgezahlt. Reichen die Zahlungen nicht, um das Finanzierungskonto vollständig auszugleichen, muss der Unfallgeschädigte das Finanzierungskonto durch eine entsprechende Zahlung abschließend ausgleichen.
Ist das Konto ausgeglichen, endet das Darlehensverhältnis vorzeitig und die Bank kann sofern die in den Finanzierungsbedingungen geregelt ist, eine sog. Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Denn die Fahrzeugfinanzierung läuft nicht mehr weiter und der Bank entgehen dadurch Zinseinnahmen. Diese Position kann als weiterer Schaden bei der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners gelend gemacht werden.
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