

Treten bei Unfällen mit Elektroautos (und Hybridautos) Besonderheiten auf? Über die Eigentumsverhältnisse bzgl. Fahrzeug und Batterie und zur Wertminderung hatten wir in unserem Newsletter 1/2023 berichtet. In diesem Newsletter kommen wir zu den Themen Nutzungsausfall, Mietwagenkosten, Überführungskosten und Umweltprämie, im nächsten dann zu weiteren Schadensersatzpositionen:
Dauer Nutzungsausfall/Mietwagen
Der Ausfallzeitraum, also der Zeitraum währenddessen für den Geschädigten Nutzungsentschädigung oder Mietwagen-Kosten entstehen, kann bei Elektroautos länger sein. Normalerweise setzt der Sachverständige im Gutachten 14 Tage Wiederbeschaffungsdauer bei einem Totalschaden an. Bei der aktuellen schlechten Verfügbarkeit von Elektroautos wir dies jedoch nicht ausreichen. Der Gutachter wird daher eine höhere Wiederbeschaffungsdauer ansetzen müssen.
Mietwagenkosten
Wer ein Elektroauto fährt, hat Anspruch auf einen Elektromietwagen. Wenn der Geschädigte auf einen Elektromietwagen besteht, dürfte dies kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellen. Denn die Nutzung eines Elektrofahrzeuges ist ein gesellschaftlich erwünschtes Verhalten. Ist kein Elektromietwagen verfügbar und mietet sich der Geschädigte ein Auto mit Verbrennermotor an, fallen höhere Mobilitätskosten an, da die Kilowattstunde Strom preiswerter ist als der Liter Diesel/Benzin. Diesen Extra-Schaden kann Geschädigte ebenfalls bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend machen.
Möchte der Geschädigte Nutzungsausfallentschädigung geltend machen, kann es sein, dass das Elektroautomodell noch nicht in der aktuellen Tabelle für die Nutzungsausfallentschädigung zu finden ist. Man kann dann den Listenpreis des Elektrofahrzeugs nehmen, Fahrzeuge mit vergleichbarem Listenpreis suchen und das Elektroauto in die gleiche Gruppe einordnen.
Überführungskosten
Findet sich am lokalen, regionalen Markt kein vergleichbares Ersatz-Elektroauto, muss der Sachverständige dies in seinem Gutachten angeben. Kauft der Geschädigte ein vergleichbares Ersatzfahrzeug entfernt vom Heimatort, können Überführungskosten entstehen, die der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu tragen hat.
Umweltprämie – Mindesthaltedauer
Hatte der Geschädigte für das nun verunfallte Fahrzeug eine vom Staat bezahlte Umweltprämie erhalten, ist Folgendes zu beachten:
Eine Umweltprämie kam vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zurückgefordert werden, wenn die Mindesthaltedauer unterschritten wurde. Die Mindesthaltedauer beträgt bei einem Neuwagen mindestens sechs Monate. Bei einem Leasingfahrzeug beträgt die Mindesthaltedauer bei einer Leasingdauer von zwölf Monaten bis 23 Monaten zwölf Monate und bei einer Leasingdauer von mehr als 23 Monaten 24 Monate.
Eignet sich der Unfall also kurz vor Erreichen der Mindesthaltedauer, kann es sinnvoll sein, das Fahrzeug nicht sofort abzumelden, sondern noch zuzuwarten, bis die Haltedauer erreicht ist.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Das Autohaus sollte wissen, dass die Dauer des Ausfalls bei einem Unfall mit einem Elektroauto länger sein kann, so dass der Geschädigte auch länger Anspruch auf einen Mietwagen haben kann.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Der Sachverständige sollte im Bedarfsfall eine längere Wiederbeschaffungsdauer in seinem Gutachten mit aufnehmen, ebenso eine fehlende Verfügbarkeit von vergleichbaren Elektrofahrzeugen am regionalen Markt.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Für den Geschädigten können sich höhere Schadensersatzansprüche dadurch ergeben, dass er länger Anspruch auf einen Mietwagen hat. Sollte ein Elektromietauto nicht verfügbar sein, können ebenfalls höhere Kosten durch die Anmietung eines „normalen“ Fahrzeugs entstehen. Auch kann der Geschädigte gegebenenfalls Überführungskosten von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet verlangen. Die Mindesthaltedauer sollte der Geschädigte im Blick haben, da bei Unterschreiten die BAFA die bezahlte Umweltprämie zurückfordern kann.