

In unserem Newsletter 11/2020 hatten wir beispielhaft anhand des Urteils des OLG Schleswig vom 28.11.2019, Az. 7 U 39/19, erläutert, wie Mietwagenkosten richtig berechnet werden. In diesem Newsletter schauen wir uns an, welche Nebenkosten zusätzlich in Rechnung gestellt werden können, die der Geschädigte als Schadenersatz geltend machen kann.
Einen Anhaltspunkt hierzu liefert die Schwacke-Nebenkostentabelle. In dieser sind ebenso wie in der Tabelle für den Mietwagen (Durchschnitts-)Preise für folgende Zusatzleistungen aufgeführt: Zustellen und Abholen, Anmietung außerhalb der Öffnungszeit, Zusatzfahrer, Winterreifen, Anhängerkupplung, Navigationsgerät, Haftungsreduzierung Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung unter 500 Euro.
Das OLG Schleswig sagt hierzu: „Gesondert in Rechnung gestellte weitere Leistungen wie Winterreifen, Zustellung und Abholung des Ersatzfahrzeugs, weiterer Fahrer, Anhängerkupplung und Navigationsgerät sind dem arithmetischen Mittel aus den Tabellen von Fraunhofer und Schwacke nur dann zuzuschlagen, sofern sie im Rahmen der streitgegenständlichen Anmietung auch tatsächlich angefallen sind“.
a)Zusatzfahrer
Die zusätzlichen Kosten für den zweiten Fahrer sind vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu erstatten, wenn das vermietete Fahrzeug und auch das verunfallte Fahrzeug tatsächlich durch einen zweiten Fahrer genutzt werden. Diesem zweiten Fahrer darf zudem kein weiteres Fahrzeug zur Verfügung stehen und er muss während der Reparaturzeit des verunfallten Fahrzeugs auf die Nutzung des Mietwagens angewiesen sein, um wie gewohnt mobil zu sein (vgl. AG Köln, Urteil v. 21.12.2016, Az. 261 C 150/16; AG Stuttgart, Urteil v. 28.04.2017, Az. 44 C 2984/16; AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil v. 15.11.2017, Az. 10 C 1214/17; LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 10.08.2011, Az. 8 S 4302/11; OLG Celle, Urteil v. 01.02.2017, Az. 14 U 61/16).
Es empfiehlt sich, den zweiten Fahrer mit Namen in den Mietvertrag in dem dafür vorgesehenen Feld aufzunehmen. In der Schwacke-Tabelle werden diese Zusatzkosten mit ca. 11,60 Euro/Tag brutto angegeben.
b)Winterreifen
Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von Winterreifen ist, dass die Verwendung von Winterreifen erforderlich gewesen ist, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kfz auszugleichen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn das verunfallte Fahrzeug bereits mit Winterreifen/Ganzjahresreifen ausgestattet war, sondern in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3a StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen, so das OLG Schleswig. Das Ersatzfahrzeug muss zudem tatsächlich während der Mietdauer mit Winterreifen ausgestattet sein.
In der Schwacke-Tabelle werden diese Zusatzkosten mit ca. 10,00 Euro/Tag brutto angegeben.
c)Navigationsgerät
Zusätzlichen Mehrkosten für ein Navigationsgerät Mietwagen muss die gegnerische Haftpflichtversicherung erstatten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass im beschädigten Fahrzeug ein Navigationssystem verbaut war (vgl. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil v. 15.11.2017, Az. 10 C 1214/17; AG Stuttgart, Urteil v. 17.04.2018, Az. 43 C 5515/17).
In der Schwacke-Tabelle werden diese Zusatzkosten mit ca. 8,90 Euro/Tag brutto angegeben.
d)Haftungsreduzierung Vollkaskoversicherung
Bei dieser Position ist zu beachten, dass die Werte der Schwacke-Tabelle und Fraunhofer-Liste bereits eine Haftungsreduzierung mit typischer Selbstbeteiligung (500 Euro bzw. zwischen 750 und 950 Euro) umfassen. Eine weitere Haftungsreduzierung ist nur dann ersatzfähig, wenn diese nicht schon in die Werte der o.g. Tabellen eingepreist ist. Es muss daher eine Reduzierung des Selbstbehalts unter die übliche Grenze (d. h. bei Schwacke unter 500 Euro) vereinbart worden sein.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 15.02.2005, Az. VI ZR 74/04, und Urteil v. 25.10.2005, Az. VI ZR 9/05) kann der Geschädigte sogar unabhängig vom Bestehen einer eigenen Vollkaskoversicherung eine Haftungsreduzierung mit einer Selbstbeteiligung von null (also einen Haftungsausschluss) abschließen. Die Kosten für die Vollkaskoversicherung seien als adäquate Schadensfolgen grundsätzlich erstattungsfähig, so der BGH. Begründet wird dies damit, dass der Geschädigte bei einem Mietfahrzeug generell ein höheres Risiko trage als bei der Benutzung seines eigenen Wagens.
Die Kosten variieren je nach Klasse des vermieteten Fahrzeugs. Für ein Fahrzeug der Klasse 6 (Mittelklasse) liegen diese beispielsweise bei ca. 21,50 Euro/Tag brutto.
Für das Autohaus/Autovermietung heißt das Folgendes:
Das Autohaus/die Autovermietung sollte wissen, welche Nebenkosten bei tatsächlichem Anfall berechnet werden können. Die gegnerischen Versicherungen kürzen natürlich auch bei diesen Positionen – die meisten Gerichte sprechen sie allerdings zu.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte hat nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten samt Nebenkosten. Kürzungen der Versicherung sollte er mit anwaltlicher Hilfe entgegen und auch kleine Beträge einklagen.