Über das Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS) haben wir bereits in unserem Newsletter 12/2019 berichtet. HIS steht für die Abkürzung „Hinweis- und Informationssystem“. Hierbei handelt es sich um ein System der deutschen Versicherungswirtschaft, das der Aufdeckung und Prävention von Versicherungsbetrug und -missbrauch dienen soll.
Der Betroffene muss darüber informiert werden, dass Daten von ihm an das HIS-System gemeldet wurden oder gemeldet werden. Erfolgt diese Information nicht, ist der Eintrag rechtswidrig und muss gelöscht werden.
Jede Privatperson hat die Möglichkeit, eine Selbstauskunft bei der HIS einzuholen – und zwar einmal pro Jahr kostenlos. Sollte sich aus dieser Auskunft ein sog. „negativer Eintrag“ ergeben, kann der Betroffene unter Umständen dagegen vorgehen.
So hat das Landgericht Schweinfurt mit Urteil vom 12.4.2021, Az. 23 O 899/20, dem Geschädigten einen Löschungsanspruch im Hinblick auf im HIS eingetragene Daten zugesprochen. Im vom Gericht zu entscheidenden Fall hatte der Geschädigte den Unfallschaden zwar fiktiv abgerechnet, danach aber eine Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen vorgelegt.
Weise der Geschädigte nach einer fiktiven Abrechnung seines Unfallschadens die vollständige fachgerechte Reparatur nach, bestehe ein Anspruch auf Löschung aus dem HIS, so das Landgericht. Auch bestehe kein Bedürfnis mehr für die in diesem Fall erfolgte zusätzliche Speicherung der Daten beim Prüfdienstleister, sofern der Prüfauftrag des Dienstleisters abgeschlossen sei. Die Versicherung müsse dann die Löschung der Daten veranlassen. Denn, so das Landgericht:
„Gemäß Art. 17 Abs. 1 Buchst. a) DSGVO sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald diese nicht mehr für die Zwecke notwendig sind, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet worden sind. Die Löschung als solche hat dabei der „Verantwortliche“ im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO vorzunehmen, wobei allerdings im Falle der Veranlassung der (fortlaufenden) Speicherung bei einem Verantwortlichen durch einen Dritten, dieser Dritte zur Einwirkung auf den Verantwortlichen im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs verpflichtet ist. Gemessen hieran, hat die Beklagte zu 2.) auf die Löschung der auf den Kläger bezogenen Daten hinzuwirken, die sowohl bei der xy-GmbH als auch im HIS auf ihre Veranlassung hin hinterlegt worden sind.“
Eine Meldung des Unfalls vom Versicherer im Stadium der fiktiven Abrechnung an das HIS ist dagegen zulässig. Nachdem im vorliegenden Fall der Geschädigte aber eine Reparaturbestätigung vorgelegt hatte und damit die vollständige Reparatur des Schadens nachgewiesen hatte, bedurfte es einer weiteren Speicherung im HIS nicht. Auchfür die weitere Speicherung der Daten beim Prüfdienstleister bestand kein Anlass mehr, da der Prüfauftrag bereits abgeschlossen war.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Das Autohaus sollte wissen, was es mit dem Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS) auf sich hat, um entsprechende Kundenanfragen beantworten zu können.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Der Sachverständige sollte dem fiktiv abrechnenden Geschädigten nach vollständig fachgerechter Reparatur eine Reparaturbestätigung ausstellen. Dadurch entfällt das bis dahin begründete Interesse des Versicherers, eine doppelte Abrechnung eines regulierten – fiktiv abgerechneten – Schadens im Zuge der Meldung eines vermeintlich neuen Unfalls zu vermeiden.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Erfolgt nach einem Verkehrsunfall und der Schadensmeldung bei der Haftpflichtversicherung ein Eintrag im HIS, muss der Betroffene darüber informiert werden. Dann ist die Datenspeicherung zunächst zulässig. Rechnet der Geschädigte fiktiv ab und weist durch eine Reparaturbestätigung die Reparatur des Schadens nach, hat er einen Anspruch auf Löschung der von der Versicherung an das HIS gemeldeten Daten. Wichtig ist dies auch im Hinblick auf folgenden Aspekt: Durch die (fortbestehenden) Einträge im HIS versuchen die Versicherer bei einem erneuten Unfall die ohnehin schon hohen beweisrechtlichen Anforderungen an eine Beseitigung des Vorschadens zu erschweren.