

Mitunter kommt es auch vor, dass ein eigenes Auto eines Autohauses bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall beschädigt wird. Das Auto wird dann in der eigenen Werkstatt repariert und die Reparaturkostenrechnung bei der gegnerischen Versicherung eingereicht. Diese kürzt in vielen Fällen die Reparaturrechnung um den Unternehmergewinn – das sind zwischen 10 und 20 %.
Dieser Kürzung kann mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.11.2013, Az. VI ZR 363/12, entgegengetreten werden. Wenn eine Werkstatt ein eigenes Fahrzeug nach einem Haftpflichtschaden in der eigenen Werkstatt repariert, hat sie Anspruch auf Erstattung des Marktpreises für die Reparatur. Irgendwelche „Eigenkosten“ spielen keine Rolle. Voraussetzung ist, dass die Werkstatt den Zweck hat, Kundenautos zu reparieren und dabei Gewinne zu erzielen. Dann ist die Reparatur des eigenen Fahrzeugs eine überpflichtige Anstrengung, weil währenddessen die dadurch gebundenen Kapazitäten nicht zweckentsprechend eingesetzt werden können.
Zwei Ausnahmen von der obigen Regel gibt es allerdings:
1) Wenn die Werkstatt den Zweck hat, eigene Autos zu reparieren, – wie eine Spedition oder Großfuhrparks – besteht nur Anspruch auf die tatsächlich entstehenden Kosten zuzüglich eines Gemeinkostenanteils.
2) Wenn die Reparatur bei einer Werkstatt, die Kundenautos repariert, in Leerlaufzeiten ausgeführt wird, fehlt es an der überpflichtigen Anstrengung. Es wäre also ohnehin keine gewinnerzielungsträchtige Arbeit vorhanden gewesen, so dass der Unternehmergewinn abzuziehen ist.
Auch viele andere Gerichte bestätigen, dass die Versicherung bei Reparatur eines werkstatteigenen Fahrzuges vollen Schadenersatz auf Marktpreisniveau schuldet:
AG Altötting (Urteil vom 19.06.2015, Az. 1 C 558/14)
AG Dinslaken (Urteil vom 15.08.2016, Az. 30 C 391/15)
AG Ellwangen (Urteil vom 16.01.2014, Az. 2 C 195/12)
AG Halle/Westf. (Urteil vom 25.09.2008, Az. 2 C 1115/07)
AG Ingolstadt (Urteil vom 14.02.2017, Az. 11 C 2231/16)
AG Remscheid (Urteil vom 07.04.2017, Az. 27 C 61/16)
AG Schweinfurt (Urteil vom 19.04.2011, Az. 3 C 1510/10)
LG Hannover (Beschluss vom 02.03.2012, Az. 8 S 82/11)
OLG Düsseldorf (Urteil vom 28.07.1994, Az. 10 U 82/93)
Die Beweislast dafür, dass keine ausreichende Auslastung in der Werkstatt vorlag, liegt beim Versicherer. Der Geschädigte muss jedoch im Rahmen der sekundären Vortragslast Angaben zur Auftragssituation machen, weil der Versicherer ja nicht in die Auftragsbücher der Werkstatt schauen kann.
Eine praktikable Methode des Nachweises ist die folgende:
Die Werkstatt beziffert, wie viele Arbeitswerte in der Abteilung Karosserie tatsächlich zur Verfügung stehen, indem sie die Anzahl der Mitarbeiter und die Soll-Arbeitswerte darstellt. Dabei müssen Abwesenheiten wegen Lehrgängen, Krankheit etc. berücksichtigt werden. Dem stellt die Werkstatt gegenüber, wie viele Arbeitswerte im maßgeblichen Zeitraum abgerechnet wurden. Wenn sich dann eine Überstundensituation ergibt, ist der Beweis der ausreichenden Auslastung geführt.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Sollte die gegnerische Versicherung den Unternehmergewinn bei der Abrechnung der konkreten Reparaturkosten kürzen, muss das Autohaus darlegen, dass die Reparatur in einer Zeit stattgefunden hat, in der die Werkstatt ausgelastet war – sofern dem so war. Bei Auslastung ist die Kürzung nämlich unberechtigt. Zum Nachweis sollte das Autohaus eine Aufstellung fertigen, aus der ersichtlich ist, wie viel Arbeitswerte in der Karosserieabteilung zur Verfügung standen und wie viele Arbeitswerte abgerechnet wurden.
Für den Sachverständigen heißt:
Der Sachverständige sollte in seinem Gutachten den Unternehmergewinn immer mit einkalkulieren. Auf Grundlage des Gutachtens kann das Autohaus das unfallbeschädigte Fahrzeug reparieren und den Unternehmergewinn bei Auslastung der Werkstatt von der gegnerischen Versicherung erstattet verlangen.