

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall kann es mitunter vorkommen, dass der Geschädigte nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um die Beseitigung des Unfallschadens vorzufinanzieren. Er stellt den Reparaturauftrag oder die Ersatzbeschaffung zurück, bis die gegnerische Haftpflichtversicherung Zahlungsbereitschaft signalisiert. Dies hat zur Folge, dass die Zahl der Ausfalltage steigt.
Daher stellt sich die Frage, ob der Geschädigte im Hinblick auf die längere Dauer von Nutzungsausfall, Standgeld oder Mietwagennutzung gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, wenn er abwartet, bis Zahlungen von der Versicherung fließen.
Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Geschädigte die gegnerische Haftpflichtversicherung rechtzeitig vor dem sich ausweitenden Schaden warnt. In einem solchen Warnhinweis im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB muss der Geschädigte der gegnerischen Haftpflichtversicherung mitteilen, dass er zur Vorauszahlung auf den Unfallschaden nicht in der Lage ist. Dabei muss er nicht bereits mit der Mitteilung detailliert zu seinen finanziellen Verhältnissen vortragen (vgl. AG Leverkusen, Urteil vom 29.12.2015, Az. 24 C 288/15). Weitere Angaben können allenfalls dann verlangt werden, wenn die gegnerische Versicherung die finanzielle Lage substantiiert bestreitet (vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2013, Az. VI ZR 245/11).
So hat das LG Aachen mit Urteil vom 20.05.2016, Az. 11 O 366/15, die beklagte Haftpflichtversicherung verurteilt, dem Geschädigten Mitwagenkosten für 88 Tage zu erstatten. Das OLG Köln hat in einem Extremfall sogar 122 Tage Mietwagenkosten zugesprochen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.07.2016, Az. 15 U 27/16). In beiden Fällen wurde der Versicherer im Vorfeld im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB gewarnt. Und liegt eine solche Warnung vor, kann sich der Versicherer auch beeilen – tut er es nicht, ist es sein Problem.
Voraussetzung ist aber auch, dass der Geschädigte tatsächlich nicht über die finanziellen Mittel verfügt, den Unfallschaden vorzufinanzieren. Allein die Tatsache, dass der Geschädigte nicht selbst in Vorlage treten will, reicht nicht aus. Wenn der Geschädigte durch Rückgriff auf seine vorhandenen finanziellen Mittel ohne Einschränkung der gewohnten Lebensführung den hören Ausfallschaden vermeiden könnte, das aber nicht tut, verstößt er gegen seine Schadensminderungspflicht. In solch einem Fall bekommt er den erhöhten Ausfallschaden nicht erstattet.
Der Geschädigte ist aber nicht verpflichtet, einen Kredit aufzunehmen, um den Schaden aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren (vgl. BGH, Urteil vom 06.03.2007, Az. VI ZR 36/06). Dies gilt auch für einen einfach zu erlangenden Dispokredit, also das schlichte Überziehen des Kontos (vgl. LG Potsdam, Urteil vom 03.03.2015, Az. 11 O 166/14). Ebenso muss der Geschädigte zur Schadensgeringhaltung nicht seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 15.05.2018, Az. 14 U 179/17, AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 04.04.2012, Az. 712 C 90/11).
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Kann der Geschädigte den Unfallschaden nicht vorfinanzieren, ist aber auf einen Ersatzwagen angewiesen, sollte das Autohaus – sofern es auch den Mietwagen stellt – den Geschädigten dazu raten, einen Warnhinweis gegenüber der gegnerischen Versicherung abzugeben. Damit ist auch das Autohaus als Autovermieter im Hinblick auf eine längere Mietwagendauer abgesichert. Der Warnhinweis wirkt sich auch auf eine längere Dauer der vom Autohaus abzurechnenden Standtage im Fall des Totalschadens aus.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Wenn der Geschädigte tatsächlich nicht über die finanziellen Mittel verfügt, den Unfallschaden vorzufinanzieren, sollte er die Versicherung unmittelbar davon in Kenntnis setzen. Hier reicht beispielsweise folgender Hinweis aus:
„Ich darf darauf hinweisen, dass ich den mir entstandenen Schaden nicht vorfinanzieren kann. Etwaige Verzögerungen bei der Schadensregulierung und damit einhergehend bei der Dauer der Reparatur/Wiederbeschaffung gehen daher zu Ihren Lasten. Um den Nutzungsausfall bzw. die Dauer der Anmietung eines Mietwagens gering zu halten, sollten Sie im eigenen Interesse für eine fristgerechte Regulierung des Schadens sorgen.“