Der Bestand an Oldtimern wächst konstant. Derzeit sind derzeit rund 800.000 der in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge älter als 30 Jahre, wobei etwa 500.000 davon ein H-Kennzeichen haben. Das “H” steht für “historisch” und wird auf der rechten Seite des Kfz-Kennzeichens geführt. Fahrzeuge, die vor mindestens 30 Jahren erstmals zugelassen wurden und weitestgehend in Originalzustand bzw. fachmännisch restauriert sind, können als Oldtimer angemeldet werden. Sie erhalten das H-Kennzeichen, vorausgesetzt, sie werden zur „Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes“ eingestuft, vgl. § 2 Nr. 22 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Diese Einstufung nehmen amtlich anerkannte Sachverständigen sowie Prüfingenieure des TÜV vor und stellen ein Gutachten für die Zulassung aus.
Das historische Kennzeichen bietet eine Reihe von Vorteilen: Der Eigentümer eines Autos mit H-Kennzeichen erhält steuerliche Vergünstigungen, preiswerte Kfz-Versicherungen und geringere Umweltauflagen. Er darf ohne Katalysator mit einem H-Kennzeichen in Umweltzonen unterwegs sein, eine grüne Plakette wird nicht benötigt.
Natürlich sind auch Oldtimer immer wieder in Unfälle verwickelt. Wir behandeln daher nachstehend und im nächsten Newsletter einige Besonderheiten bei der Unfallregulierung von Oldtimern. Urteile in diesem Bereich gibt es nur einige wenige.
1. Reparaturschaden
Ein Reparaturschaden liegt grundsätzlich vor, wenn die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungswert liegen. Der Geschädigte hat dann nach Vorlage der Rechnung einen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten (konkrete Abrechnung) oder er rechnet auf Basis des Gutachtens fiktiv ab.
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB muss der Schädiger den Zustand herstellen, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Das Fahrzeug muss deshalb in den Zustand versetzt werden, in dem es sich vor dem Unfall befand. Dabei ist grundsätzlich eine 100 %ige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes geschuldet. Allerdings muss sich der Geschädigte unter Umständen auf eine geringere Reparatur einlassen, wenn die vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre; § 251 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2010, Az. I-1 U 107/08).
a) Stundensätze, Verbringungskosten
Wie auch sonst kürzen die gegnerischen Haftpflichtversicherungen gerne die Stundensätze oder die Verbringungskosten. Hier gilt nichts anderes als bei Unfällen mit „normalen“ Fahrzeugen, so dass dieser Kürzung mit den dort üblichen Argumenten entgegnet werden kann.
b) Ersatzteile
Die Ersatzteil-Beschaffung ist bei Oldtimern oftmals schwierig, da es für viele wertvolle Modelle kaum oder gar keine Ersatzteile mehr gibt. Je nach Fahrzeug müssen auch Ersatzteile aus anderen Ländern bestellt und gekauft werden. Sofern der Geschädigte Originalteile in seinem verunfallten Oldtimer verbaut hatte, dürfte er auch wieder Anspruch auf die Verwendung von Original-Ersatzteilen haben und nicht nur auf Nachfertigungen. Abhängig ist das vom konkreten Einzelfall – ausschlaggebend sind der Allgemeinzustand, der Seltenheitswert und der Zustand des Oldtimers vor dem Unfall. Natürlich kommt es auch darauf an, ob noch Original-Ersatzteile zu erwerben sind.
c) Lackierung
Strittig kann auch sein, ob der Geschädigte Anspruch auf eine vollständige Neulackierung oder nur auf eine Teillackierung hat. Diese Frage hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 30.11.2010, Az. I-1 U 107/08, beantwortet: Demnach besteht ein Anspruch auf vollständige Neulackierung eines beschädigten Fahrzeugs, wenn die Wiederherstellung der vorher bestehenden 100 %igen Farbgleichheit im Hinblick auf den sehr guten Zustand des Oldtimer-Fahrzeugs nur durch eine Neulackierung garantiert werden kann. Besteht bei allen anderen Methoden die Gefahr von verbleibenden Farbabweichungen, so sind diese bei dem Oldtimer nicht akzeptabel. Der Eigentümer braucht sich daher in diesem Fall nicht auf einer Teillackierung verweisen lassen.
2. Totalschaden
Ein Totalschaden liegt grundsätzlich vor, wenn die Reparaturkosten höher als der Wiederbeschaffungswert sind. Der Sachverständige ermittelt dabei in seinem Gutachten den Wiederbeschaffungswert und den Restwert. Der Wiederbeschaffungswert ist der Betrag, den man bezahlen müsste, um auf dem allgemeinen oder regionalen Markt ein gleichartiges Fahrzeug wie das verunfallte Fahrzeug zu kaufen. Er ist nicht mit dem Marktwert zu verwechseln.
Als Basis des Werts kann dabei ein eventuell zuvor erstelltes Wertgutachten (nicht älter als zwei Jahre) verwendet werden. Je seltener und spezieller ein solcher Oldtimer ist, umso schwieriger wird die Wertermittlung. Hilfreich sind eigene Marktbeobachtungen des Sachverständigen und Erfahrungen zur Feststellung des Zustandes. Es gibt aber auch überregionale Organisationen wie z.B. Classic-Data, die sich auf solche Wertermittlungen spezialisiert haben und mit ihrer Marktbeobachtung den ermittelten Wiederbeschaffungswert stützen können.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Die Reparatur eines Oldtimers wird mittlerweile von vielen Werkstätten vorgenommen. Bei ganz seltenen Oldtimern kann es sinnvoll sein, das Fahrzeug in die Hände eines Spezialisten zu geben, der aufgrund seiner Kenntnis und Spezifikation das Fahrzeug entsprechend dessen Besonderheiten und Eigenschaften reparieren und somit dessen Wert erhalten kann.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Der Sachverständiger sollte sich mit der Thematik rund um Oldtimer auskennen und über Erfahrung mit Oldtimergutachten verfügen, da es, wie oben dargestellt, einige Besonderheiten bei der Unfallregulierung mit Oldtimern gibt.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Da die Versicherungen bei Unfällen mit Oldtimern die dem Geschädigten zustehenden Schadensersatzpositionen genauso kürzen wie bei Unfällen mit „normalen“ Fahrzeuge, sind Geschädigte gut beraten, professionelle Hilfe bei der Unfallregulierung in Anspruch zu nehmen.