Nach einem unverschuldeten Unfall muss der Sachverständige in bestimmten Fällen das beschädigte Fahrzeug von unten begutachten. Dafür wird es auf eine Hebebühne verbracht. Nicht jeder Sachverständige verfügt aber über eine eigene Hebebühne – der Sachverständige besichtigt das Auto meistens in der Werkstatt. Deshalb ist ein sorgfältig arbeitender Sachverständiger insoweit auf die Hilfe der Kfz-Werkstatt angewiesen, die ihm eine Hebebühne zur Verfügung stellt.
Diese Hilfestellung kann die Reparaturwerkstatt in Rechnung stellen. Denn: hätte der Sachverständige über eine eigene Hebebühne verfügt, hätte er die hierdurch veranlassten Kosten auch berechnen können. In der Praxis berechnet die Werkstatt die Kosten für die Hebebühne meist mit einem Betrag zwischen 35,00 bis maximal 75,00 Euro netto.
Sofern der Sachverständige das Fahrzeug tatsächlich auf einer Hebebühne von unten untersucht hat und die Hebebühne notwendig war, muss der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer diese Kosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall dem Geschädigten erstatten (AG Schwäbisch Gmünd, Urteil vom17.03.2014, Az. 4 C 890/13, AG Schwäbisch Gmünd, Urteil vom 19.01.2015, Az. 4 C 857/14, AG Weiden, Urteil vom 28.06.2016, Az. 1 C 318/16, AG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2020, Az. 44 C 395/20).
Schadensersatzrechtlich ist die Sache also eindeutig, obwohl auch bei dieser Position die Versicherungen gerne kürzen. Es stellt sich aber eine praktische Frage: Sind die Kosten für die Hebebühne Teil der Gutachterkosten oder Teil der Reparaturkosten? Stellt die Werkstatt also dem Gutachter die Rechnung oder dem Kunden? Der saubere Weg dürfte wohl sein, dass die Werkstatt dem Gutachter die Kosten in Rechnung stellt. Denn es ist ja eine direkte Leistung der Werkstatt für den Gutachter, damit dieser sein Gutachten fertigen kann, und höchstens eine indirekte Leistung für den Geschädigten. Der Gutachter muss diese Kosten dann in seine Sachverständigenrechnung mit aufnehmen, und dem Geschädigten berechnen, vgl. AG Coburg, Urteil v. 25.04.2017, Az. 15 C 4/17.
Die Alternative ist, dass die Werkstatt dem Kunden diese Kosten berechnet. Dann muss die Werkstatt aber strenggenommen nachweisen, dass der Kunde der Werkstatt den Auftrag erteilt hat, im Namen des Kunden den Schadengutachter zu unterstützen.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Hat das Autohaus vom Kunden den expliziten Auftrag erhalten, dem Sachverständigen eine Hebebühne zur Verfügung zu stellen, kann das Autohaus dem Kunden diese Kosten direkt im Rahmen der Reparaturrechnung berechnen. Andernfalls empfiehlt sich der oben beschriebene Weg über den Sachverständigen. Insbesondere wenn der Geschädigte nicht repariert (im Totalschadensfalle oder bei einer fiktiven Abrechnung), hat das Autohaus dann weniger Aufwand, da der Sachverständige ja sowieso eine Rechnung an den Geschädigten stellt.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Berechnet die Werkstatt dem Sachverständigen die Kosten für die Hebebühne, sollte dieser die Kosten mit in seine Rechnung an den Geschädigten aufnehmen und diesem weiter berechnen. Als Nachweis kann die Fremdrechnung der Werkstatt beigefügt werden.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Die Kosten für die Bereitstellung der Hebebühne sind eine Position, die die gegnerische Haftpflichtversicherung dem Geschädigten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erstatten muss.