Zurück aus dem Urlaub mit einem unverschuldeten Unfallschaden innerhalb Europas – und nun? Wer ist der ausländische Haftpflichtversicherer? In welcher Sprache kommuniziere ich? Welches Recht findet Anwendung? Wo erhebe ich möglicherweise Klage? Auf diese Fragen geben wir nachfolgend die Antworten.
Generell ist die Schadensregulierung von Verkehrsunfällen im Ausland häufig schwieriger und langwieriger. Zudem sind im Ausland nicht alle Schadensersatzpositionen anerkannt, die man in Deutschland gemeinläufig kennt. Denn ein Verkehrsunfall im Ausland unterliegt in der Regel dem dortigen nationalen Recht. Nach diesem bekommt der Geschädigte häufig weniger Schadensersatzleistungen für Sach- und Personenschäden als in Deutschland.
Deutscher Schadensregulierungsbeauftragter
Durch die Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie (4. EU-KH Richtlinie) wurden alle Kraftfahrthaftpflichtversicherer verpflichtet, in sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen Schadensregulierungsbeauftragten zu benennen. Dieser ist beauftragt, die außergerichtliche Schadensregulierung durchzuführen. Der konkrete ausländische Haftpflichtversicherer und der jeweilige Schadensregulierungsbeauftragte kann über die nationale Auskunftsstelle, dem Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg, ausfindig gemacht werden.
Voraussetzung ist aber, dass das Unfallfahrzeug aus der Europäischen Union bzw. dem Geltungsbereich des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) stammt. Falls dies nicht der Fall ist, muss der Unfall direkt mit dem ausländischen Versicherer abgewickelt werden.
Anwendbares Recht
Das anwendbare materielle Recht ist nach Art 4 Abs. 1 der ROM-II Verordnung das Recht des Unfalllandes. Denn bei einem Anspruch aus unerlaubter Handlung ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt (sog. Tatortprinzip). Eine Ausnahme davon gibt es: Wenn die Beteiligten des Unfalls im Ausland selbst ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben, gilt dieses Recht. Das heißt: Stoßen zwei Deutsche in Italien zusammen, gilt nicht italienisches, sondern deutsches Recht.
Verfahrensablauf
Die Korrespondenz im Rahmen der Abwicklung erfolgt in deutscher Sprache mit dem deutschen Regulierungsbeauftragten. Dieser hat zwar Regulierungsvollmacht, unterliegt aber den Weisungen des ausländischen Versicherers. Falls innerhalb von drei Monaten seit Anmeldung der Ansprüche keine begründete Antwort des deutschen Regulierungsbeauftragten vorliegt, kann die Verkehrsopferhilfe als Entschädigungsstelle nach § 12 Pflichtversicherungsgesetzt (PflVGV) in Anspruch genommen werden. Diese reguliert den Anspruch, wenn innerhalb von weiteren zwei Monaten keine begründete Entscheidung des Regulierungsbeauftragten eintrifft.
Zuständiges Gericht
Für den Fall einer Klage richtet sich die zuständige Gerichtsbarkeit nach der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Demnach ist grundsätzlich das Gericht am Wohnsitz des Beklagten, am Sitz des zuständigen Haftpflichtversicherers oder am Unfallort zuständig. Um dem Geschädigten aber eine Klage vor seinem „Heimatgericht“ zu ermöglichen, kann am Wohnort des Geschädigten geklagt werden. Voraussetzung ist, dass der Geschädigte einen Direktanspruch gegen den Versicherer und dieser seinen Geschäftssitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates hat (vgl. EuGH, Urteil vom 13.12.2007, Rs. C–453/06 – Odenbreit; BGH, Urteil vom 06.05.20018, Az. VI ZR 200/05). Verklagt wird dann die ausländische Versicherung, der inländische Regulierungsbeauftragte ist zustellungsbevollmächtigt, anwendbar ist das sachliche Recht des Unfalllandes.
Auf die Rechtslage in einzelnen europäischen Ländern sowie auf die Frage, wie nach einem Unfall in Deutschland mit einem Ausländer als Unfallverursacher vorzugehen ist, werden wir in unserem nächsten Newsletter eingehen.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Das Autohaus sollte bei einem Unfall im Ausland wissen, dass die Regulierung der Sachschäden länger dauern kann als in Deutschland. Zudem sollte das Autohaus sich informieren, welche Schäden in den jeweiligen Ländern nach deren nationalem Recht erstattet werden. Andernfalls tritt es mit Leistungen in Vorlage, die der Geschädigte später nicht geltend machen kann.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständige gilt dasselbe wie für das Autohaus.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte sollte nach einem Unfall im Ausland Name und Anschrift des Fahrers bzw. des Halters, Kennzeichen, Versicherung und Versicherungsscheinnummer, ggf. die Nummer der Grünen Karte notieren. Dazu bietet es sich an, den Europäischen Unfallbericht zu verwenden und auszufüllen. Zudem sollte immer dann, wenn es Verletzte gibt, der Sachschaden hoch ist, es Streit mit dem Unfallgegner gibt, kein Versicherungsnachweis vorliegt oder Unfallflucht begangen wurde, die Polizei gerufen werden.