

Die Haftpflichtversicherungen versuchen nach einem Verkehrsunfall, durch die Schadensteuerung Einfluss auf die Unfallregulierung nehmen. Doch selbst wenn der Geschädigte eines unverschuldeten Verkehrsunfalls sich nicht auf die Angebote der Versicherung einlässt und die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, werden die Ansprüche des Geschädigten in den meisten Fällen zunächst einmal gekürzt. Warum das so ist und was letztendlich dahintersteckt, erfahren Sie hier.
Ein von uns vertretener Geschädigter hatte einen Verkehrsunfall, bei dem die Einstandspflicht der gegnerischen Haftpflichtversicherung unstreitig war. Der Schaden wurde von der Versicherung fast komplett reguliert. Lediglich die im Gutachten festgestellte Wertminderung über 200 Euro wurde von der Versicherung nicht erstattet. Diese hat behauptet, dass bei dem vorliegenden kleineren Reparaturschaden keine Wertminderung angefallen sei.
Um die Sache außergerichtlich abschließen zu können, wurde der Versicherung ein Vergleichsvorschlag bei 100 Euro angeboten. Dieser wurde abgelehnt. Der Geschädigte hat daraufhin Klage eingereicht.
Das Gericht hat den Parteien mitgeteilt, dass es beabsichtigt ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Angemessenheit der Wertminderung einzuholen. Da hier mit Gutachterkosten von 2.500 Euro zu rechnen, hat das Gericht den Parteien geraten, sich vergleichsweise bei 100 Euro zu einigen.
Dies wurde von der gegnerischen Versicherung mit folgender Begründung abgelehnt.
„Die Beklagte ist nicht vergleichsbereit, weil durch den streitgegenständlichen Unfall keine Wertminderung entstanden ist. Dies mag im Einzelfall als kleinlich angesehen werden; bei der Vielzahl der von der Beklagten jährlich abzuwickelnden Fällen im sechsstelligen Bereich macht dies aber einen mehrfachen Millionenbetrag jährlich aus, der zu viel bezahlt werden würde. Dies würde wiederum zulasten der Versichertengemeinschaft gehen mit der Folge der Erhöhung der Versicherungsprämien für alle. Deshalb bitten wir um Einholung eines Gutachtens.“
Anhand dieser Begründung sehen Sie, wie die Versicherungen kalkulieren – fernab von stichhaltigen rechtlichen Argumenten. Dabei betrifft das nicht nur die Kürzungen bezüglich der Wertminderung, sondern auch die der Reparaturkosten. Über die Höhe der Wertminderung mag ja in einigen Fällen sogar noch zu streiten sein – es gibt eine Vielzahl verschiedene Berechnungsmethoden, die die Gutachter anwenden können – aber die „Mathematik“ der Versicherung betrifft ja auch andere, eindeutig unberechtigte Kürzungen. Nachdem aber allzu viele Geschädigte diese Kürzungen im kleinen Bereich hinnehmen, geben Sie den Versicherungen „Recht“.
Den Kürzungen durch die Versicherungen sollte daher immer entgegnet werden. Auch wenn dies für die Rechtsanwälte durch zahlreiche Klageeinreichungen wegen geringer Beträge einen erhöhten Aufwand bedeutet, ist das der einzig effektive Weg, sich gegen das Verhalten der Versicherungen zu wehren.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Das Autohaus sollte sich bewusst sein, dass 90 % der Schadenspositionen – darunter auch die Reparaturrechnung – in eindeutigen Fällen und vorhandener Schadensmeldung durch den Gegner nach ca. vier bis sechs Wochen reguliert werden. Um die gekürzten weiteren 10 % zu realisieren, können aber weitere drei bis sechs Monate vergehen.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Bzgl. der Kürzungen beim Sachverständigenhonorar gelten die obigen Ausführungen.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte sollte auch Kürzungen im kleineren Bereich nicht hinnehmen, sondern dagegen – auch mittels Klage – vorgehen. Letztendlich lohnt sich die Hartnäckigkeit: da nach dem Schadensersatzrecht die Kürzungen der Versicherungen meist unberechtigt sind, ist ein obsiegendes Urteil wahrscheinlich. In vielen Fällen erfolgt die Zahlung der Versicherung auch schon nach Zustellung der Klage.