

Sämtliche Kraftfahrzeuge können in einen unverschuldeten Verkehrsunfall verwickelt werden – Autos, Motoräder, Lkws etc. Die Regulierung eines unverschuldeten Verkehrsunfall läuft bei allen Kraftfahrzeugen im wesentlichen gleich ab, bei einzelnen Schadenspositionen wie beim Nutzungsausfall beispielsweise kann es Besonderheiten geben.
Wird die Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs unfallbedingt entzogen, hat der Geschädigte Anspruch auf Wiederherstellung seiner Mobilität. Er kann entweder ein gleichartiges Fahrzeug anmieten oder, wenn er darauf verzichtet, Nutzungsausfall geltend machen.
Unter welchen Voraussetzungen nun der Eigentümer eines Motorrads für den unfallbedingten Ausfall seiner Maschine nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall Nutzungsausfall verlangen kann, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 23.01.2018, Az. VI ZR 57/17 geklärt. Die Leitsätze lauten:
- Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.
- Der Umstand, dass der Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte – auch im Hinblick auf die Wetterlage – zur Nutzung willens und in der Lage war.
Der Geschädigte hatte im vom BGH entschiedenen Fall als einziges Fahrzeug ein Motorrad mit Saisonkennzeichen von März bis Oktober, daneben noch eine Monatskarte für öffentliche Verkehrsmittel. Bei gutem Wetter nutzte er das Motorrad, bei schlechterem Wetter die öffentlichen Verkehrsmittel.
Ein Eigentümer eines Motorrads, dessen Nutzung ihm unfallbedingt entzogen wird, kann unter folgende folgenden Voraussetzungen Nutzungsausfall geltend machen:
- Dem Geschädigten darf außer seinem beim Unfall beschädigten Motorrad kein anderes Kfz zur Verfügung stehen. Mit Beschlüssen vom 13.12.2011, Az. VI ZA 40/11, und vom 11.09.2012, Az. VI ZR 92/12, hatte der BGH einen Anspruch auf Nutzungsausfall verneint, weil die Kläger in diesen Verfahren neben dem Motorrad auch über einen Pkw verfügten und keine sonstige messbare wirtschaftliche Einbuße darlegen konnten.
- Das Motorrad muss für Fahrten zur Arbeit, zum Einkaufen und sonstigen alltäglichen Verrichtungen benutzt werden. Wird das Motorrad nur für reine Hobbyfahrten genutzt, wird ein Anspruch auf Nutzungsausfall verneint.
- Der Geschädigte muss unter Verweis auf Wetterberichte und -statistiken darlegen, dass er sein Motorrad in dem streitgegenständlichen Zeitraum hätte nutzen können und wollen. Ein Tag-für-Tag-Nachweis ist nicht erforderlich, es reicht die allgemeine regionale Wetterlage.
Eine Nutzungsausfallentschädigung gibt also es nur für Fahrzeuge, die im engeren Sinne „gebraucht“ und entsprechend genutzt werden. Wenn ein nur nebenbei bei entsprechender Witterung gefahrenes Motorrad bei einem Unfall beschädigt wird, hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Da in einem solchen Fall das Motorradfahren nur Hobby ist, erhöht die Benutzbarkeit des Motorrads zwar die Lebensqualität, stellt aber keinen ersatzfähigen materiellen Wert dar (vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2011, Az. VI ZA 40/11).
Für das Autohaus/die Kfz-Werkstatt heißt das Folgendes:
Wenn der Kunde einen unverschuldeten Unfall mit einem Motorrad hatte, hat er Anspruch auf Nutzungsausfall nur dann, wenn er kein anderes Kfz hat und das Motorrad von ihm für Fahrten zur Arbeit und zu alltäglichen Verrichtungen genutzt wird.
Hatte der Kunde mit dem verunfallten Motorrad bereits eine Urlaubsreise geplant, kann er auch ein Mietmotorrad in Anspruch nehmen und die Kosten von der gegnerischen Versicherung erstattet verlangen. Jenseits der Urlaubssituation ist es aber umstritten, ob der Geschädigte Anspruch auf ein Ersatzmotorrad hat, wenn er das Motorrad nur sporadisch (z. B. für Ausfahrten am Wochenende bei schönem Wetter) nutzt.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen gibt es hier keine Besonderheiten. Er erstellt sein Gutachten über die Unfallschäden am Motorrad.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Ist das Motorrad des Geschädigten bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall beschädigt worden, kann er Nutzungsausfall nur dann geltend machen, wenn er neben dem Motorrad kein anders Kfz zur Verfügung hat, das Motorrad nicht nur hobbymäßig nutzt und die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit im Hinblick auf das Wetter nachweist.