Das deutsche Kaufrecht ist zum 1.1.2022 nach der Umsetzung der EU-Warenverkaufsrichtlinie reformiert worden. Es bringt für Verbraucher mehr Rechte mit sich, ist aber für Autohäuser und Kfz-Betriebe mit einem höheren Aufwand und Risiken verbunden. Es gibt zahlreiche neue Regelungen, insbesondere für den Verbrauchsgüterkauf, also für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C). Im Kfz-Bereich ist besonderes Augenmerk auf den Gebrauchtwarenhandel zu legen.
Was ist neu?
1. Informationspflichten
Wenn der Unternehmer zukünftig von gesetzlichen Bestimmungen abweichen möchte, muss er umfangreiche vorvertragliche Informationspflichten erfüllen. So muss der Verbraucher u.a. vor Vertragsschluss informiert werden, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht (sog. negative Beschaffenheitsvereinbarung) oder die Verjährungsfrist beim Verkauf gebrauchter Sachen von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt wird (§ 476 Abs. 2 BGB).
Dabei muss der Händler den Verbraucher in einem gesonderten Formular eigens und vorab (also vor dem Vertragsschluss) auf jede einzelne Abweichung hinweisen. Bei Gebrauchtwagen können dies zum Beispiel Vorschäden, Defekte, aber auch Kratzer und Schrammen sein.
Aus Beweisgründen bietet es sich an, dass der Unternehmer die Erfüllung der gesetzlichen Informationspflichten schriftlich dokumentiert und vom Verbraucher unterschreiben lässt.
Eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (wie bisher z.B. in Bezug auf die Verjährungsverkürzung) ist aufgrund der jetzigen Pflicht zur gesonderten und ausdrücklichen Vereinbarung nicht mehr wirksam.
Außerdem müssen alle Abweichungen aus dem vorvertraglichen Informationsschreiben auch im Vertrag selbst noch einmal ausdrücklich und gesondert wiederholt werden. Dabei sind diese drucktechnisch hervorzuheben.
2. Beweislastumkehr
Auch hier werden die Rechte der Verbraucher noch einmal gestärkt. Beim Verbrauchsgüterkauf beträgt die Frist für die Beweislastumkehr anstelle bisher sechs nunmher zwölf Monate, § 477 Abs. 1 BGB. Tritt innerhalb dieser zwölf Monate ein Mangel auf, muss der Händler beweisen, dass keine Abweichung, sondern nur normaler Verschleiß vorliegt oder der Käufer den gerügten Zustand selbst herbeigeführt hat. Dies wird oft nur schwer oder gar nicht möglich sein. Im Ergebnis muss der Händler die Sache dann überwiegend auf seine Kosten reparieren.
3. Aktualisierungspflicht für Kaufsachen mit digitalen Elementen
Beim Verkauf von Waren mit digitalen Elementen oder digitalen Produkten muss der Händler dem Verbraucher zukünftig über die erforderlichen Aktualisierungen unterrichten und diese bereit stellen. Eine Ware mit digitalen Elementen ist eine Ware, die nicht mehr vollständig funktioniert, wenn Software oder digitale Funktionen ausfallen. Das betrifft im Kfz-Bereich z.B. das Motorsteuergerät, das Navigationsgerät und alle anderen Bauteile, die update-fähig sind. Das Update muss vom Händler kostenfrei aufgespielt werden.
Es muss nur Funktionsfähigkeit des Produktes erhalten bleiben, aber keine Verbesserung zur Verfügung gestellt werden – es müssen also funktionserhaltende Updates und Sicherheitsupdates zur Verfügung gestellt werden.
Die Aktualisierungspflicht ist abdingbar. Eine solche Vereinbarung über den Ausschluss der Aktualisierungsflicht ist aber wiederum nur wirksam, wenn der Verbraucher vor seiner Vertragserklärung mittels Formulars eigens in Kenntnis gesetzt wurde und die Abweichung dann im Kaufvertrag zusätzlich ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.
4. Weitere Änderungen
Darüber hinaus gibt es Neuerungen beim Mangelbegriff, bei der Mangelkenntnis des Käufers, beim Rücktrittsrecht, beim Ablauf der Verjährung und bei der Garantieerklärung.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Für die Autohäuser bedeuten die neuen Pflichten einen hohen zusätzlichen Aufwand sowie erhebliche Kosten und Risiken. Autohäuser sollten ihre Allgemeine Geschäftsbedingungen überprüfen und neue aktualisierte Vordrucke verwenden und ihre Verkäufer im Hinblick auf die neuen Informationspflichten schulen.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten zunächst keine Besonderheiten auf. Durch mögliche erhöhte Gebrauchtwagenpreise (siehe unten) werden vermutlich bei Unfallschäden auch die Wiederbeschaffungswerte höher ausfallen.
Für den Verbraucher heißt das Folgendes:
Der Verbraucher erhält durch das neue Kaufrecht umfassendere Rechte. Nachdem aber diese Rechte im Gegenzug für die Autohändler zusätzliche Pflichten und damit einen höheren Aufwand und Kosten verursachen, ist davon auszugehen, dass die Preise im Gebrauchtwagenhandel weiter ansteigen.