Nach einem unverschuldeten Autounfall darf sich der Geschädigte für die Dauer der Reparatur seines verunfallten Autos einen Mietwagen nehmen; die Kosten hierfür muss die gegnerische Haftpflichtversicherung erstatten. Insbesondere bei älteren Fahrzeugen kommt es aber vor, dass der Geschädigte beim Haftpflichtschaden nur teilweise reparieren lässt und währenddessen einen Mietwagen in Anspruch nimmt. Er rechnet die Reparaturkosten fiktiv ab und möchte die Mietwagenkosten – oder alternativ Nutzungsausfall – zusätzlich erstattet bekommen. Geht das?
Ja, und zwar unter folgenden Voraussetzungen:
- Das verunfallte Fahrzeug muss tatsächlich ausgefallen sein. Dies wäre bei einem noch nutzbaren und verkehrssicheren Fahrzeug, das beispielsweise nach der Nutzung tagsüber am Abend in der Garage nach und nach repariert wird, nicht der Fall.
- Der Geschädigte muss den Ausfall nachweisen, d.h. er muss belegen, dass das Fahrzeug tatsächlich in der Werkstatt war und dort oder in Eigenregie teilweise repariert worden ist. Dies kann geschehen durch schriftlich eingereichte Zeugenbestätigungen, Bestätigung der Werkstatt oder Fotos, auf denen die Reparatur ersichtlich ist. Möglich ist dies auch durch eine Reparaturbestätigung durch den Sachverständigen, allerdings ist die Erstattungspflicht dieser Kosten durch die Haftpflichtversicherung seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24.01.2017, Az. VI ZR 146/16, strittig (vgl. auch https://unfall-re.de/lexikon/reparaturbestaetigung-reparaturnachweis/).
Die Dauer der Mietwagennutzung richtet sich grundsätzlich nach der im Sachverständigengutachten prognostizierten Reparaturdauer (vgl.BGH, Urteil vom 15.07.2003, Az. VI ZR 361/02). Hier sind jedoch zwei Einschränkungen zu beachten:
- Wer fiktiv abrechnet, kann nicht behaupten, er habe für die (teilweise) Reparatur länger gebraucht, als der Sachverständige vorgesehen hat. Dies deshalb, weil er damit eine andere, billigere Art der Wiederherstellung gewählt hat, deren Kosten er gerade nicht geltend macht. Zudem wäre es eine unzulässige Kombination von fiktiver und konkreter Abrechnung.
- Wer mit der (teilweisen) Reparatur schneller fertig ist, als der Sachverständige vorgesehen hat, kann nur diese kürzere Zeit und nicht den für die vollständige Reparatur prognostizierten Zeitraum geltend machen. Denn der prognostizierte Zeitraum war nicht erforderlich nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.
Ist das verunfallte Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher, gehört der Zeitraum vom „Unfalltag bis zum Eingang des Gutachtens beim Geschädigten samt Überlegungsfrist“ als Zeitspanne vor den prognostizierten Reparaturtagen dazu (vgl. AG Husum, Urteil vom 03.01.2019, Az. 27 C 87/18).
Für das Autohaus als Vermieterunternehmen heißt das Folgendes:
Auch wenn der Geschädigte fiktiv abrechnen will, kann er Mietwagenkosten von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet verlangen. Das Autohaus kann ihm daher für die Dauer der teilweisen Reparatur oder zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit einen Mietwagen vermieten.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Hat der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung einen tatsächlichen Ausfall seines Fahrzeugs, den er nachweisen kann, kann er einen Mietwagen anmieten und die Kosten konkret gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend machen. Der Geschädigte kann aber auch auf einen Mietwagen verzichten und Nutzungsausfallentschädigung verlangen.