Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall hat der Geschädigte das Recht, für die Dauer der Reparatur oder der Wiederbeschaffung einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen. Er kann die Kosten hierfür als Schadensersatz von der gegnerischen Versicherung erstattet verlangen.
Den Mietwagen mietet der Geschädigte entweder bei einer professionellen Autovermietung oder – und das kommt in der Praxis häufiger vor – von einem Autohaus bzw. einer Reparaturwerkstatt an. Während bei den Autovermietungen wohl alle Fahrzeuge als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zugelassen sein dürften, ist dies bei den Autohäusern oder Reparaturwerkstätten nicht immer der Fall.
Als „Mietfahrzeug für Selbstfahrer“ werden Fahrzeuge bezeichnet, die „ohne Gestellung eines Fahrers gewerbsmäßig vermietet werden, ohne dass sie für den Mieter zugelassen sind“, § 13 Abs. 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Mietfahrzeuge für Selbstfahrer müssen alle zwölf Monate zur Hauptuntersuchung und benötigen eine besondere, meist teurere Kfz-Haftpflichtversicherung.
Ist ein Mietwagen nicht als solcher zugelassen, erstatten einige Haftpflichtversicherungen dem Geschädigten nur den Tarif für einen Werkstattersatzwagen, der deutlich niedriger ist als der Normaltarif bei einem Mietwagen.
Diese Kürzung wird von manchen Amtsgerichten gebilligt und wie folgt begründet:
- Das Autohaus als Autovermieter verstößt gegen die Zulassungsvorschriften – ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer muss als solches zugelassen werden.
- Das Autohaus handelt im Vergleich zu anderen Autohäusern, die die Mietwagen als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zulassen, wettbewerbswidrig.
- Das Autohaus erspart sich aufgrund der nicht jährlich anfallenden Hauptuntersuchung und der geringeren Versicherungsprämie Kosten.
- Maßgeblich ist bei der Vermietung eines Werkstattersatzwagens der Tarif für einen solchen Werkstattersatzwagen.
- Die gängigen Schätzgrundlagen (Fraunhofer-Mietpreisspiegel und Schwacke-Mietpreisspiegel) wurden nur für Mietfahrzeuge für Selbstfahrer erstellt.
Nach anderer Ansicht ist es dagegen schadensersatzrechtlich irrelevant, ob das angemietete Auto ein „Mietfahrzeug für Selbstfahrer“ ist oder nicht. Es ist wie sonst auch der erforderliche Tarif – also entweder Schwacke, Fraunhofer oder die Kombination „Fracke“ – anzusetzen. Die Argumente lauten:
- Für den Schadenersatzanspruch des Geschädigten spielt die Zulassung des Mietfahrzeugs keine Rolle.
- Der Versicherungsstatus des Mietwagens spielt keine Rolle, sofern das überlassene Fahrzeug eine ausreichende Kfz-Versicherung aufweist.
- Eventuelle Mängel im Mietvertrag zwischen Vermieter und Mieter haben auf den Schaden des Geschädigten keinen Einfluss.
- Es existiert kein eigener Mietmarkt für Werkstattersatzwagen.
- Im Schadensersatzrecht ist auf den Geschädigten abzustellen. Dieser muss, wenn er vom Autohaus einen Mietwagen nach einem Unfall anmietet, nicht prüfen, ob das Fahrzeug korrekt angemeldet und versichert ist. Die Zulassungsform als „Mietfahrzeug für Selbstfahrer“ muss dem Geschädigten nicht bekannt sein.
Höchstrichterlich entschieden ist das Thema noch nicht.
Sollte die Versicherung nur den Werkstattersatztarif erstatten, kann der Geschädigte immer noch Nutzungsausfall abzüglich des bereits bezahlten Werkstattersatztarifs geltend machen. Die Höhe des Nutzungsausfalls liegt deutlich über dem Werkstattersatztarif. Der BGH hat mit Urteil vom 05.02.2013, Az. VI ZR 290/11, entschieden, dass der Geschädigte wählen könne, ob er Mietwagenkosten oder pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung einfordere. Der Nutzungsausfall scheitert auch nicht daran, dass der Geschädigte bereits Geld für einen Mietwagen ausgegeben hat (vgl. AG Ettlingen, Urteil vom 16.10.2018, Az. 6 C 63/17).
Für das Autohaus/ Kfz-Werkstatt heißt das Folgendes:
Sind die zu vermietenden Autos nicht als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zugelassen, besteht das Risiko, dass die Haftpflichtversicherung dem Geschädigten nur den Tarif für einen Werkstattersatzwagen erstattet. Klagen im Namen des Geschädigten sind derzeit im Ausgang offen und werden von den Haftpflichtversicherungen auch bis zum Urteil durchgefochten. Am einfachsten umgehen Autohäuser dieses Risiko, wenn jedenfalls einige Mietwagen als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zugelassen und diese an Unfallgeschädigte vermietet werden.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte hat im Regelfall keine Kenntnis davon, ob der Mietwagen als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassen ist oder nicht. Sollte die Versicherung nur einen Werkstattersatztarif bezahlen, ist abzuwarten, ob das Autohaus die restlichen Mietwagenkosten vom Geschädigten verlangt. In solch einem Fall wäre eine Klage gegen die Versicherung in Betracht zu ziehen. Alternativ dazu kann der Geschädigte auch Nutzungsausfall abzüglich des bereits bezahlten Werkstattersatztarifs geltend machen. Wie die Versicherungen hierauf reagieren, bleibt abzuwarten.