In unserem jüngsten Newsletter (32/2020) sind wir der Frage nachgegangen, wer bei einem Schaden in der Waschanlage haftet. Der Inhaber einer Waschanlage haftet nach § 280 BGB, wenn
- der Schaden am Fahrzeug auf Grund eines Fehlers der Waschanlage entstanden ist und
- der Anlagenbetreiber diese Fehlfunktion verschuldet hat.
Allerdings gibt es auch Fälle, in denen auch bei ordnungsgemäßer Funktion der Waschanlage ein Schaden am Fahrzeug des Benutzers der Waschanlage entstehen kann. Der Abriss eines serienmäßig installierten Heckspoilers ist ein Beispiel dafür; dem gehen wir in diesem Newsletter nach. In diversen Gerichtsverfahren haben Sachverständige Folgendes festgestellt:
- Auch bei ordnungsgemäßer Funktion der Anlage und ordnungsgemäß eingestellter Anpresskraft der Dachbürste kann der Heckspoiler des Fahrzeugs abgerissen werden. Inwieweit eine Fehlsteuerung zum Zeitpunkt des Vorfalls vorgelegen hat, konnte vom Sachverständigen rückwirkend nicht mehr geklärt werden, allerdings sind durch den Beklagten Wartung- und Reparaturnachweise sowohl für die Zeit vor als auch nach dem Vorfall gelegt worden (vgl. LG Chemnitz, Urteil vom 06.05.2016, Az. 3 S 189/15).
- Es steht fest, dass der Heckspoiler am klägerischen Fahrzeug bei der Wäsche abgerissen wurde, weil Waschelemente der Dachbürste in den rund 9 cm großen Freiraum zwischen der Oberseite der Heckklappe und der Unterseite des Spoilers eindrangen und anschließend durch die Vorwärtsbewegung des Portals eine Krafteinwirkung stattfand, welche zum Abreißen des Kunststoff-Heckspoilers führte. Dieser Ablauf konstruktionsbedingt war nicht vermeidbar (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2015, Az. 9 U 29/14).
- Der Sachverständige hat ausgeführt, dass es bei einigen Herstellern gehäuft zu Schäden in der Waschanlage gekommen ist. Diese Informationen hätte sich der Betreiber der Waschanlage verschaffen müssen. Es entlastet ihn nicht, dass er davon persönlich nichts wusste und ein solcher Fall bisher in seiner Waschanlage noch nicht aufgetreten war. Wer eine Waschanlage allen Fahrzeugtypen öffnet, muss sich erkundigen, ob dies auch bei allen Fahrzeugtypen gefahrenfrei möglich ist. Für den Waschanlagenbetreiber ist die Erlangung dieser Information einfacher als für den einzelnen Kunden. Das gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass nach Auskunft des Sachverständigen ein Bundesverband Tankstellen- und Garagenbetriebe existiert, der die Schadensfälle vermerkt. Wenn sich das Abreißen des Spoilers nicht als völlig fern liegende Möglichkeit einer Beschädigung darstellt, handelt es sich um ein anlagenimmanentes Risiko für serienmäßige Spoiler (vgl. AG Wermelskirchen, Urteil vom 17.11.2005, Az. 2a C 233/03).
Die Gerichte haben daher in diesen Fällen eine Verpflichtung des Anlagenbetreibers angenommen, bei bestimmten Ausstattungen bzw. Formgebungen der Benutzerfahrzeuge auf Risiken und Gefahren bei der Benutzung der Waschstraßen hinzuweisen. Dies kann durch einen gut sichtbaren allgemeinen Hinweis auf einer Warntafel am Eingang zur Waschanlage bzw. zu dem Betriebsgelände geschehen (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 02.11.2007, Az. 4 C 1536/07).
Unterlässt es der Anlagenbetreiber, einen Hinweis anzubringen, dass auch bei einem serienmäßig angebrachten, fest installierten Heckspoiler ein Beschädigungsrisiko besteht, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Das Verschulden des Anlagenbetreibers liegt dann in dem Nicht-Anbringen des Hinweisschildes.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Die Haftung nach einem „Unfall“ in der Waschanlage ist meist äußerst strittig. Bei einem Abriss eines serienmäßig angebrachten Spoilers mag der Geschädigte auf den ersten Blick bessere Karten haben, wenn ein Hinweis auf die Risiken und Gefahren bei der Benutzung der Waschstraßen nicht erfolgt ist. Dies sollte das Autohaus wissen, bevor es mit der Reparatur des Fahrzeugs in „Vorlage geht“.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen gilt dasselbe wie für das Autohaus.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Auch in den o.g. Urteilen, in denen eine Haftung des Anlagenbetreibers wegen fehlenden Hinweises bejaht wurde, hat das Gericht zuvor ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es ging dabei um die Frage der Schadenverursachung und ob eine Waschanlage für schadensfreies Waschen bestimmter Fahrzeugtypen geeignet ist oder nicht. Gerichtsverfahren habe daher ein für den Geschädigten hohes Kostenrisiko und sind nur bei Vorliegen einer Rechtsschutzversicherung zu empfehlen.