Große Unternehmen oder Gewerbetreibende erhalten bei Kfz-Reparaturen von der Werkstatt oftmals Großkundenrabatte. Bestimmte Aufschläge und Kosten fallen daher tatsächlich nicht an. Muss sich ein Unfallgeschädigter, der Großkundenrabatte erhält, diesen Rabatt auch im Rahmen der Unfallregulierung gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung anrechnen lassen?
Diese Frage hat nun der BGH mit Urteil vom 28.10.2019, Az. VI ZR 45/19, entschieden:
Sachverhalt:
Die Klägerin, ein großes, international tätiges Autovermietungsunternehmen, hat die beklagte Versicherung auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Die Klägerin hat den Reparaturschaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abgerechnet. Die Beklagte hat Abzüge bei den UPE-Aufschlägen, den Kleinteilaufschlägen und den Lackmaterialkosten vorgenommen. Begründet wurde dies damit, dass die Klägerin als großes Autovermietungsunternehmen bei Reparaturen Großkundenrabatte erhalte und deshalb diese Aufschläge und Kosten nicht anfielen. Dieser Rabatt sei auch bei fiktiver Abrechnung anzurechnen.
Entscheidung:
Der BGH hat die Auffassung der Beklagten bestätigt:
„Sind dem Geschädigten von markengebundenen Fachwerkstätten auf dem allgemeinen regionalen Markt Großkundenrabatte für Fahrzeugreparaturen eingeräumt worden, die er ohne weiteres auch für die Reparatur des Unfallfahrzeugs in Anspruch nehmen könnte, so ist dies ein Umstand, der im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch bei fiktiver Schadensabrechnung grundsätzlich zu berücksichtigen ist.“
Begründung:
Die Klägerin kann nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Schadensersatz den erforderlichen Geldbetrag verlangen. Maßstab ist, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Eigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Für den Geschädigten gilt das sog. Wirtschaftlichkeitsgebot, d.h. er muss im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadenbehebung wählen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt aber nicht absolut, sondern nur im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage. Diese sogenannte „subjektbezogene Schadensbetrachtung“ kann sich sowohl zugunsten des Geschädigten als auch zugunsten des Schädigers auswirken. Zugunsten des Geschädigten wirkt sich beispielsweise ein Werksangehörigenrabatt aus; diesen muss sich der Unfallgeschädigte anrechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2016, Az. VI ZR 612/15).
Die o.g. Grundsätze gelten sowohl für die konkrete als auch für die fiktive Schadenabrechnung.
Steht der Klägerin daher aufgrund entsprechender Vereinbarungen ein Großkundenrabatt zu, den diese bei einer Reparatur des Unfallfahrzeugs auch hätte in Anspruch nehmen können und der die fiktiven Reparaturkosten gesenkt hätte, ist dieser Rabatt schadensmindernd anzurechnen. Die Beklagte musste den Einwand des Rabatts nicht näher substantiieren und nicht konkret vortragen, welche Vereinbarungen die Klägerin mit welchen Reparaturwerkstätten abgeschlossen hat. Eine solche Konkretisierung ist der Beklagten nicht möglich, da sie – anders als die Klägerin – außerhalb des Geschehensablaufs steht.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Das Autohaus hat die Reparaturrechnung gegenüber einem Geschädigten, der einen Großkundenrabatt erhält, unter Abzug dieses Rabattes auszustellen. Diesen Rechnungsbetrag macht der Geschädigte dann gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend.
Die Entscheidung des BGH ist auch für das Autohaus selbst von Bedeutung, da für verunfallte betriebseigene Fahrzeuge ein gewährter Abzug für Sonderkonditionen ebenfalls anzurechnen sein dürfte.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Geschädigte, welche unabhängig vom konkreten Unfall aufgrund bestehender Vereinbarungen mit der Markenfachwerkstatt Großkundenrabatte erhalten, müssen sich diesen Rabatt auch bei der Schadengeltendmachung gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung anrechnen lassen. Sowohl bei konkreter wie auch bei fiktiver Abrechnung kann der Geschädigte die Rabatthöhe mit der aktuellen oder bei fiktiver Abrechnung mit einer früheren Rechnung nachweisen.