

Streit über die Kostenerstattung für die Beilackierung (auch „farbangleichende Einlackierung“ oder „Farbtonangleichung“) kommt nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall häufig vor. Als Beilackierung bezeichnet man die Farbangleichung von Karosserieteilen, die an der Schadenstelle angrenzen. Dadurch werden optische Farbunterschiede vermieden.
Rechnet der Geschädigte die Reparaturkosten konkret ab und sieht das Sachverständigengutachten eine Beilackierung vor, darf der Geschädigte der Werkstatt den Auftrag erteilen, so zu reparieren und lackieren, wie es im Gutachten ausgeführt ist. Damit ist die Farbangleichung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB (vgl. auch AG Neu-Ulm, Urteil vom 09.10.2014, Az. 3 C 991/14, bestätigt durch LG Memmingen, Urteil vom 25.02.2015, Az. 11 S 1713/14; AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 01.07.2015, Az. 4 C 1052/14).
Wie aber ist es, wenn der Geschädigte die Reparaturkosten fiktiv abrechnet?
Eine Beilackierung von nicht durch den Schaden selbst betroffenen Fahrzeugteilen dient zunächst mal der Farbangleichung und damit rein optischen Zwecken. Mit der Beseitigung des Schadens selbst hat die Beilackierung eigentlich nichts zu tun. Nach der überwiegend amtsgerichtlichen Rechtsprechung werden fiktive Beilackierungskosten erstattet, die obergerichtliche Rechtsprechung ist damit zurückhaltender.
Denn: Die Kosten einer Beilackierung von Fahrzeugteilen kann nur dann verlangt werden kann, wenn sicher feststellbar ist, dass eine Beilackierung nach § 249 BGB notwendig ist (vgl. OLG Hamm Urteil vom 28.03.2017, Az. 26 U 72/16; LG Köln, Urteil vom 10.05.2016, Az. 11 S 360/15). Ob eine Beilackierung notwendig ist, kann grundsätzlich erst bei einer tatsächlichen Durchführung der Arbeiten festgestellt werden. Bis dahin liegt insoweit kein erstattungsfähiger Schaden vor. Denn Kosten für die Ausführung von Reparaturarbeiten, die nicht in jedem Fall erforderlich sind, sondern deren Notwendigkeit sich erst im Rahmen der tatsächlichen Reparaturausführung zeigen, sind bei fiktiver Schadensabrechnung erst einmal nicht erstattungsfähig.
Wenn der Geschädigte allerdings nachweisen kann, dass die Beilackierung zur Farbtonangleichung und somit zur fachgerechten Durchführung der Reparatur erforderlich ist, sind die Kosten auch bei fiktiver Abrechnung zu erstatten. Ob dies der Fall ist, muss vor Gericht durch einen unabhängigen Sachverständigen festgestellt werden. Die Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit der Beilackierung liegt beim Geschädigten (vgl. LG Bielefeld, Beschluss vom 19.05.2014, Az. 20 S 109/13). In der gerichtlichen Praxis hat sich aber gezeigt, dass Sachverständige insbesondere bei Metalliclacken und kritischen Farbtönen die Erforderlichkeit der Beilackierung zur Farbtonangleichung und somit zur fachgerechten Durchführung der Reparatur häufig grundsätzlich bejahen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 01.06.2018, Az. 13 S 151/17). Eine solche Feststellung hat zur Folge, dass der Geschädigte deren Erforderlichkeit nachgewiesen hat und die Kosten der Beilackierung auch bei fiktiver Abrechnung des Schadens erstattungsfähig sind.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Für das Autohaus treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige sollte Beilackierungskosten nur dann in sein Gutachten aufnehmen, wenn diese mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bei einer Reparatur anfallen. Denn der Geschädigte vertraut auf die Feststellungen des Sachverständigen und will, wenn er die Beilackierungskosten im Rahmen einer fiktiven Abrechnung geltend macht, im gerichtlichen Verfahren nicht „auf die Nase fallen“. Vor Gericht muss ein unabhängiger Sachverständiger diese Kosten auch als erforderlich bestätigen.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte muss bei einer fiktiven Abrechnung darlegen und beweisen, dass die Beilackierung zur Farbtonangleichung und somit zur fachgerechten Durchführung der Reparatur erforderlich war. Im gerichtlichen Verfahren wird hier meist ein unabhängiger Sachverständiger die Erforderlichkeit bestätigen müssen. Die Kosten für das Gutachten muss der Geschädigte zunächst vorstrecken. Nachdem die Kosten für den unabhängigen Gutachter vermutlich die fiktiven Beilackierungskosten übersteigen, ist eine Rechtsschutzversicherung, die die Kosten für das Verfahren übernimmt, sinnvoll.