

Weiterhin wird zwischen dem Geschädigten eines unverschuldeten Verkehrsunfalls und dem Schädiger beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung darum gestritten, ob auch alle abgerechneten Positionen der Reparaturrechnung einer Werkstatt von der Versicherung zu ersetzen sind. Eine solche strittige Position kann auch die achsweise Erneuerung der Reifen sein.
Wird bei einem Unfall ein Reifen beschädigt, ist dieser selbstverständlich erneuerungsbedürftig und dessen Kosten sind vom Schädiger zu erstatten. Oft wird dabei im Sachverständigengutachten festgehalten, dass auch der andere Reifen auf der Achse zu erneuern ist, weil bei unterschiedlichen Profiltiefen die Spurstabilität leidet und das zu Sicherheitsproblemen führen würde.
Der Geschädigte hat dann auch Anspruch darauf, dass beide Reifen der Achse auf Kosten der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers erneuert werden, vgl. Amtsgericht (AG) Heinsberg, Urteil vom 28.03.2013, Az. 36 C 81/12. In dem vom AG Heinsberg zu entscheidenden Fall hatten die Vorderreifen noch eine Profiltiefe von 4,5 mm. Das Gericht hatte im Verfahren den Sachverständigen angehört, der das ursprüngliche Gutachten für den Geschädigten gefertigt hatte, und zusätzlich ein weiteres Gerichtsgutachten eingeholt. Beide Sachverständige waren der Meinung, dass eine optimale Spurtreue und Straßenlage eine achsweise in etwa gleichmäßige Profiltiefe erfordert.
Ähnlich gelagert ist folgender Fall: Bei einem Unfall wird zwar nur ein Reifen beschädigt, diese Reifentyp ist mit diesem Profil allerdings nicht mehr lieferbar. Auch dann hat der Geschädigte Anspruch darauf, dass beide Reifen der Achse erneuert werden, da sich verschiedene Reifen negativ auf die Fahreigenschaft auswirken, vgl. AG Burgwedel, Urteil vom 07.04.2022, Az. 7 C 239/21.
Fraglich ist dann noch, ob sich der Geschädigte für die neuen Reifen einen „Neu-für-Alt Abzug“ anrechnen lassen muss. Wenn der Geschädigte durch die neuen Reifen einen wirtschaftlichen Vorteil hat, kann ein Abzug gerechtfertigt sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschädigte die Reifen auch ohne den Unfall hätte bald austauschen müssen. Zum Beispiel: Die Reifen hatten noch circa 5 mm Profil. Der Geschädigte bekommt mit neuen Reifen und 2,5 bis 3 mm Profil dazu und ist so wirtschaftlich bessergestellt ist, da er die Reifen nun später ersetzen muss.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Die Werkstatt darf gegenüber dem Kunden die Erneuerung beider Reifen eine Achse in Rechnung stellen, sofern der Sachverständige dies in seinem Gutachten festgestellt hat.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Wenn die Reifen achsweise zu erneuern sind, sollte der Sachverständige dies in seinem Gutachten festhalten.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte hat Anspruch auf achsweise Erneuerung der Reifen, sofern andernfalls bei unterschiedlichen Profiltiefen und damit auch Radumfängen die Spurtreue seines Fahrzeugs leiden würde.