Wenn die Tage im Herbst kürzer werden, steigt für Autofahrer die Wahrscheinlichkeit, in einen Unfall mit einem Wildtier wie einem Reh, Hirsch oder Wildschwein verwickelt zu werden. Das zeigen Daten, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Anfang Oktober veröffentlicht hat. In den Monaten Oktober bis Dezember ist die Gefahr von Wildunfällen um bis zu 13 Prozent erhöht. Dies hängt unter anderem mit dem Paarungsverhalten von Rot- und Dammwild zusammen – Hirsche sind in der laufenden Brunftzeit besonders aktiv und überqueren verstärkt Straßen. In den Frühlingsmonaten April und Mai sorgen dagegen vor allem Wildschweinfamilien mit ihren Frischlingen für eine um bis zu 20 Prozent höhere Kollisionsgefahr.
Insgesamt ist die Zahl der Wildunfälle in Deutschland zuletzt wieder leicht gesunken. Dem GDV zufolge haben die Kunden der Autoversicherer im Jahr 2018 rund 268.000 Wildunfälle gemeldet. Rechnerisch ist damit alle zwei Minuten ein kaskoversicherter Personenkraftwagen mit einem Wildtier zusammengestoßen. Im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2017 waren das rund 7.000 Unfälle weniger.
Allerdings sind die Kosten je Kollision gestiegen. Die wirtschaftlichen Schäden betrugen im vergangenen Jahr 757 Millionen Euro, was im Durchschnitt einer Versicherungsleistung in Höhe von rund 2.825 Euro je Unfallgeschehen entsprach. Im Jahr zuvor entstand ein Schaden von etwa 2.705 Euro je Zusammenstoß, die Gesamtkosten beliefen sich auf 744 Millionen Euro.
Wildunfall – Teilkaskoversicherung
Der Schaden am eigenen Wagen durch Wildtiere wird im Regelfall durch die Teilkaskoversicherung ersetzt. Folgende Voraussetzungen müssen hierfür gegeben sein:
- Es muss sich um einen Fahrunfall halten. Der Anspruch auf Schadensersatz entfällt, wenn ein Wildtier beispielsweise in ein geparktes Fahrzeug läuft.
- Der Wildschaden muss gemeldet werden. Am besten ruft der Geschädigte die Polizei. Die Beamten informieren den Jagdpächter und nehmen den Unfall auf.
- Der Geschädigte sollte sich von der Polizei eine Wildunfallbescheinigung zur Vorlage bei der Versicherung ausstellen lassen.
- Den Schaden ist zu dokumentieren – durch Fotos vom Unfallort, vom Tier und vom Fahrzeug.
- In der Regel muss es sich um einen Unfall mit sogenanntem Haarwild handeln. Dazu gehören z. B. Rehe, Hirsche, Wildschweine, Füchse oder Hasen.
Den Fahrer kann zudem eine Schadensminderungspflicht treffen. Einem Igel auszuweichen und dadurch einen enormen Schaden durch eine Kollision mit einem Baum zu riskieren, kann unverhältnismäßig sein. Kommt die Versicherung zu dem Ergebnis, dass bei einem Wildschaden ein geringerer Schaden entstanden wäre als durch das Ausweichmanöver, kann eine Zahlung verweigert werden.
Dass nicht jeder Unfall mit einem wild lebenden Tier ein Wildunfall ist, für den die Teilkaskoversicherung einstehen muss, hat das Landgericht Coburg mit Urteil vom 29.06.2010, Az. 23 O 256/09, klargestellt. Die Klägerin hatte ihre Versicherung auf Ersatz eines Wildschadens verklagt. Sie behauptete, im Wald wäre urplötzlich ein Tier der Größe eines Hasen unter einen Vorderreifen ihres Autos gekommen. Dadurch sei der Wagen ins Schleudern geraten und ein wirtschaftlicher Totalschaden in Höhe von 6.000 Euro eingetreten. Der Versicherer lehnte eine Zahlung ab, da kein versicherter Wildunfall vorliege – das Fahrzeug sei nicht mit Jagdwild kollidiert.
Das Landgericht ließ daraufhin die am Fahrzeug sichergestellten Tierhaare durch einen Sachverständigen einer DNA-Analyse unterziehen. Dabei wurde festgestellt, dass die Haare von einem Eichhörnchen stammen. Die Richter wiesen die Klage ab, denn: Ein Zusammenstoß mit Eichhörnchen falle nicht unter den Schutz der Teilkaskoversicherung, da es kein Jagdwild ist. Versichert sind lediglich Unfälle mit so genanntem Haarwild. Nach dem Bundesjagdgesetz gehören dazu Hirsche, Rehe, Füchse, Dachse, Marder, Wildschweine, Wildkatzen oder Feldhasen.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Bei einem vom Kunden behaupteten Wildschaden sollte das Autohaus im eigenen Interesse abklären, ob die Teilkaskoversicherung des Kunden eintritt. Andernfalls tritt es mit Leistungen in Vorlage, die der Kunde später nicht erstattet bekommt.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für die Autofahrer heißt das Folgendes:
Autofahrer sollten aufmerksam die Warnschilder vor Wildwechsel beachten, ihre Fahrweise anpassen und am Rande von Feldern oder in Wäldern abbremsen und langsamer fahren. Taucht das Wild am Straßenrand auf oder steht schon auf der Straße, sollten Autofahrer das Fernlicht abblenden und hupen. Schließlich ist vor riskanten Ausweichmanövern zu warnen: Der Zusammenprall mit einem anderen Auto oder einem Baum birgt in der Regel größere Gefahren als die Kollision mit einem Tier.