Jahrelang war es üblich, dass sich Autohäuser/Kfz-Werkstätten von Unfallgeschädigten deren Schadensersatzforderung bezüglich der Reparaturkosten haben abtreten lassen. So hat das Autohaus die Reparaturkosten selbst bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend gemacht und die Zahlung ging direkt an das Autohaus. Wurden Kürzungen vorgenommen, konnte das Autohaus gegebenenfalls selbst aus abgetretenem Recht gegen die Versicherung klagen.
Spätestens seit dem Urteil des BGH vom 16.01.2024, Az. VI ZR 38/22, ist klar, dass sich derjenige, der aus abgetretenem Recht klagt, nicht mehr auf das Werkstattrisiko berufen kann. Macht also ein Autohaus/Kfz-Werkstatt restliche Reparaturkosten aus abgetretenem Recht geltend, muss das Autohaus die Erforderlichkeit der Reparaturmaßnahmen beweisen. Eine Klage aus abgetretenem Recht macht daher wenig Sinn, da in einem Prozess die Erforderlichkeit der Reparaturmaßnahmen mittels (teuren) Sachverständigengutachten nachgewiesen werden muss.
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) hat mitgeteilt, dass er aufgrund der neuen BGH-Urteile die bisherige RKÜB (Reparaturkostenübernahmebestätigung) erneuert hat. Sie enthält keine Abtretung mehr, sondern ausschließlich eine Zahlungsanweisung.
Sollen Autohäusern und Werkstätten jetzt ganz auf die Abtretung zu verzichten und damit eine jahrzehntelange Praxis aufgeben?
Nach derzeitigem Rechtsstand ist zu unterscheiden, ob der Geschädigte anwaltlich vertreten ist oder nicht.
Geschädigter ist nicht anwaltlich vertreten
Die Abtretung, die bislang immer auch eine Zahlungsanweisung enthielt, sichert für das Autohaus, dass die Versicherung direkt an dieses bezahlt. Damit kommt das Geld beim Rechnungsaussteller an. Die Versicherung wird auch weiterhin wie gewohnt einen Prüfbericht fertigen lassen und auf Grundlage dessen die Reparaturkosten kürzen.
Die Kürzungen kann das Autohaus dann – nach endgültiger Zahlungsverweigerung durch die Versicherung – beim Kunden selbst anfordern. Sollte das nicht gewünscht sein oder ist beim Kunden nichts zu holen, kann das Autohaus aus einer Abtretung, dann aber ohne sich auf das Werkstattrisiko berufen zu können (vgl. Newsletter 02/2024), gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers vorgehen.
Enthält das Formular keine Abtretung mehr, sondern nur noch die Zahlungsanweisung, kann das Autohaus nicht mehr selbst gegen die Versicherung im Klagewege vorgehen.
Geschädigter ist anwaltlich vertreten
Ist der Geschädigte von Anfang an anwaltlich vertreten, ist bislang vom Autohaus meist dennoch eine Abtretung vom Kunden eingeholt worden. Diese blieb aber in der Anwaltsakte und wurde in Abstimmung mit dem Autohaus der Versicherung nicht vorgelegt. Es handelt sich in so einem Fall um eine sog. „stille Abtretung“.
Dadurch bleibt der Geschädigte aktiv legitimiert. Die stille Abtretung muss nicht offengelegt werden. Sie berechtigt den Zedenten (das ist der Gläubiger, der seine Forderung abgetreten hat, also in diesem Fall der Unfallgeschädigte), Leistung an sich selbst zu verlangen.
Eine „Abtretung“ ist bei anwaltlicher Vertretung – sei es in Form der klassischen Abtretung erfüllungshalber mit Zahlungsanweisung oder nur in Form der Zahlungsanweisung – zukünftig im Grunde gar nicht mehr notwendig. Denn:
Aufgrund der neuen BGH-Rechtsprechung vom 16.01.2024 (VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23) muss bei einer nicht bezahlten Reparaturrechnung zukünftig sowieso Zahlung an das Autohaus verlangt werden. Damit ist das Autohaus, was den Geldfluss anbelangt, ausreichend geschützt.
Für das Autohaus/die Kfz-Werkstatt heißt das Folgendes:
Die klassische Abtretung ist für das Autohaus nicht mehr in gleichem Maße notwendig wie früher. Eine Klage aus abgetretenem Recht ist mühsam. Wichtig ist im Fall der nicht anwaltlichen Vertretung aber ein Formular, das eine Zahlungsanweisung an das Autohaus enthält. So sichert das Autohaus den direkten Geldfluss von der Versicherung an das Autohaus ab. Im Fall anwaltlicher Vertretung und nicht bezahlter Rechnung wird zukünftig sowieso Zahlung an das Autohaus verlangt.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Geschädigte muss bei anwaltlicher Vertretung im Autohaus keine Abtretung/Zahlungsanweisung mehr unterschreiben. Bei nicht anwaltlicher Vertretung kann er eine solche, sofern vom Autohaus gewünscht, unterschreiben.