In unserem jüngsten Newsletter hatten wir davon berichtet, wann ein Fahrradfahrer bei einem Verkehrsunfall haftet. Hat der Fahrradfahrer keine oder nur eine Mitschuld am Unfall und möchte Schadensersatz bei der gegnerischen Versicherung geltend machen, sind folgende Besonderheiten bei den Schadensersatzpositionen zu beachten.
1) Sachschaden
Im Rahmen der Abrechnung des Sachschadens (Reparaturschaden, Totalschaden) gilt bei Fahrrädern nichts anderes als bei Kraftfahrzeugen. So ist auch bei Fahrrädern die 130-Prozent-Grenze anwendbar (vgl. OLG München, Urteil vom 16.11.2018, Az. 10 U 1885/18). D.h., auch wenn die Reparaturkosten zzgl. einer eventuellen Wertminderung (maximal) 130 % des Brutto-Wiederbeschaffungswerts betragen, kann der Geschädigte eine Reparatur vornehmen.
2) Wertminderung
Der Geschädigte hat Anspruch auf Erstattung der Wertminderung, sofern das Fahrrad unfallbedingt einen geringeren Wert hat. Die Höhe der Wertminderung stellt ein Sachverständiger fest.
3) Gutachterkosten
Bei kleineren Schäden, zum Beispiel bei Kratzern oder einem abgefallenen Licht, genügt für die Bezifferung der Reparaturkosten ein Kostenvoranschlag einer Fahrradwerkstatt. Der Schaden wird dann nach dem Kostenvoranschlag beziffert.
Bei größeren Schäden empfiehlt es sich, einen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen. Dieser kann nämlich neben den nötigen Reparaturkosten auch berechnen, ob durch den Fahrradunfall eine Wertminderung entstanden ist. Der Sachverständige überprüft das Fahrrad auf Alter, Zustand, Vorschäden und Sonderausstattungen und erstellt dann ein mehrseitiges Gutachten mit Bildern und Berechnungen.
Die Kosten für dieses Gutachten bekommt der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung erstattet, sofern kein Bagatellschaden vorliegt. Ob die Bagatellgrenze auch für Fahrräder gilt, ist zwar noch nicht abschließend von den Gerichten geklärt. Der Geschädigte hat aber die Pflicht, den Schaden möglichst gering zu sein, so dass er bei offensichtlich oberflächlichen Beschädigungen die Kosten für einen Sachverständigen nicht ersetzt bekommen dürfte. Ein Bagatellschaden dürfte gegeben sein, wenn der Sachschaden weniger als 500 Euro beträgt. Eine andere Faustformel besagt, dass die Kosten für das Gutachten ersetzt werden, wenn der Neupreis des Fahrrads über 1.000 Euro liegt und es sich nicht nur um eine Kleinstbeschädigung handelt. Abgestellt wird hier auf den Wert des Fahrrads vor der Kollision, da bei Fahrrädern deutlich schneller ein Totalschaden vorliegt.
4) Nutzungsausfall
Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann der Eigentümer eines Fahrrads für den unfallbedingten Ausfall seiner Fahrrads nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall Nutzungsausfall verlangen.
- Dem Geschädigten darf außer seinem beim Unfall beschädigten Fahrrad kein anderes Fahrzeug zur Verfügung stehen.
- Das Fahrrad muss für Fahrten zur Arbeit, zum Einkaufen und sonstigen alltäglichen Verrichtungen benutzt werden. Das Fahrrad muss im Alltag des Geschädigten eine zentrale Bedeutung haben und es muss als Verkehrsmittel genutzt werden.
- Nutzt der Geschädigte das Rad ausschließlich in der Freizeit, beispielsweise zur sportlichen Betätigung, besteht kein Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung.
- Ein Anspruch auf Nutzungsausfall ist auch zu verneinen, wenn das Fahrrad nicht genutzt werden kann, weil der Geschädigte beim Unfall verletzt wurde und deshalb überhaupt nicht Radfahren könnte.
5) Personenschaden
Da der Fahrradfahrer bei einem Unfall nicht geschützt ist, kommt es oft zu teilweise schweren Verletzungen. Für die beim Unfall erlittenen Verletzungen kann der Geschädigte nach § 253 Abs. 2 BGB Schmerzensgeld verlangen. Daneben kann der Geschädigte u.a. Ersatz verlangen für
- Heilbehandlungskosten (Zuzahlungen zu Medikamenten, Arztbehandlungen)
- vermehrte Bedürfnisse (laufende Mehraufwendungen, wie Ausgaben für eine bessere Verpflegung, Aufwand für Pflegepersonal, Mehraufwendungen für eine Wohnung in einem anderen Ort, Umrüstung eines Pkw)
- Kosten der Angehörigen für Krankenbesuche
- den Erwerbsschaden (bei einem angestellten Lohnempfänger ist das der Schäden, der ihm dadurch entsteht, dass er nach der Entgeltfortzahlung in den ersten sechs Wochen nur noch Krankengeld von seinem Krankenversicherer erhält. Dieses beträgt in der Regel 70 % des letzten Bruttoeinkommens. Die Differenz zwischen Lohn und geringerem Krankengeld muss der Schädiger erstatten).
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Für das Autohaus treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Für den Sachverständigen treten hier keine Besonderheiten auf.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Fahrradfahrer, der in einen Unfall verwickelt ist, sollte aufgrund der Komplexität der Unfallregulierung und der Tatsache, dass meist ein Personenschaden vorliegt, fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen.