Zu Beginn jeder Unfallregulierung eines unverschuldeten Unfalls sollten alle Beteiligten klären, ob der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist. Wenn dem so ist, reguliert die gegnerische Haftpflichtversicherung den Schaden nur netto und die jeweiligen Rechnungsaussteller müssen die Umsatzsteuer vom Geschädigten verlangen. Der wiederum macht sie dann im Rahmen des Vorsteuerabzugs gegenüber dem Finanzamt geltend.
Nach § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB ist die Umsatzsteuer nämlich nur Teil des Schadensersatzes, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Daher ist zunächst die Frage zu klären, wer vorsteuerabzugsberechtigt ist. Private sind dies nicht. Die meisten Unternehmer sind vorsteuerabzugsberechtigt, es sei denn, sie sind Kleinunternehmer nach § 19 UStG oder sie sind nicht zum vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer, wie zum Beispiel Ärzte und Versicherungsmakler.
Wie aber sieht es mit Landwirten (Forstwirten) aus?
Die meisten Landwirte (Forstwirte) versteuern ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG). Dies bedeutet, dass die Vorsteuer pauschaliert wird. Sie hängt nicht von der Höhe der tatsächlich bezahlten Vorsteuer ab, sondern sie wird pauschal gewährt. Die Pauschale ist nicht abhängig von der Höhe der Eingangsleistungen, sondern von der Höhe der vom Land- und Forstwirt ausgeführten Ausgangsumsätze.
Welche Folge hat es nun, wenn ein Landwirt (Forstwirt) mit seinem zum Betrieb gehörenden Fahrzeug in einen unverschuldeten Verkehrsunfall verwickelt wird?
Das OLG Nürnberg hat in einem Urteil klargestellt (Az. 11 U 1241/08), dass pauschalierende Landwirte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs Anspruch auf Ersatz der vollen Umsatzsteuer haben. In dem vom OLG Nürnberg zu entscheidenden Fall war am Schlepper und zwei Anhängern des Landwirts ein Totalschaden entstanden. Die Versicherung des Unfallgegners ersetzte dem Landwirt jedoch nur den Netto-Wiederbeschaffungswert. Die Umsatzsteuer wollte sie nicht erstatten.
Dies war aber so nicht richtig. Denn die Versicherung muss den geschädigten Landwirt so stellen, als ob der Unfall nicht passiert wäre. Beim Kauf des Ersatzschleppers und neuer Anhänger muss der Landwirt naturgemäß die volle Umsatzsteuer an den Landmaschinenhändler entrichten, die er als pauschalierender Landwirt aber nicht zusätzlich als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen kann.
Der Schaden beim Landwirt entspricht daher dem Kaufpreis plus Umsatzsteuer. Selbiges gilt, wenn das zum Betrieb des Landwirts gehörende Fahrzeug beschädigt und dann repariert wird. Die Reparaturkosten umfassen in diesem Fall auch die Umsatzsteuer.
Anders ist es aber, wenn der Land- und Forstwirt nicht nach Durchschnittssätzen umsatzbesteuert wird, weil er darauf verzichtet hat. Dann ist er tatsächlich zum Vorsteuerabzug berechtigt und der pauschale Vorsteuerabzug ist nicht anwendbar.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Das Autohaus sollte zunächst in Erfahrung bringen, ob der Land- und Forstwirt die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendet (sog. pauschalierender Land- und Forstwirt).
Sollte der Kunde pauschalierender Land- und Forstwirt sein und das beschädigte Fahrzeug zu dessen Betrieb gehören, muss die gegnerische Haftpflichtversicherung den vollen Reparaturkostenbetrag, also inklusive Umsatzsteuer bezahlen. Das Autohaus selbst braucht nicht an den Land- und Forstwirt wegen der Umsatzsteuer herantreten.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Der Land- und Forstwirt, der seine Umsatzsteuer pauschaliert, hat gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist Teil des Schadensersatzanspruchs.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Auch der Sachverständige sollte zunächst in Erfahrung bringen, ob der Land- und Forstwirt die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendet (sog. pauschalierender Land- und Forstwirt).
Das Sachverständigenhonorar ist Teil des Schadensersatzanspruchs des geschädigten Land- und Forstwirts, und auch hier ist die Umsatzsteuer von der gegnerischen Versicherung zu erstatten. Sollte die Versicherung nur netto erstatten, sollte der Kunde (pauschalierender Land- und Forstwirt) gegenüber der Versicherung wegen der Kürzung vorgehen.