

Nach einem Waschanlagenbesuch kommt es immer wieder vor, dass das Fahrzeug Schäden aufweist, die vor dem Besuch der Waschanlage noch nicht vorhanden waren. Oft gibt es dann Streit darüber, wer die Kosten für die Reparatur übernimmt. Ein solcher Fall war erst kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden worden (Urteil vom 21.11.2024, Az. VII ZR 39/24, vgl. unser Newsletter 02/2025). Der BGH hatte seinerzeit den Waschanlagenbetreiber für einen in einer Autowaschanlage abgerissenen Heckspoiler haftbar gemacht. Nun landete erneut ein “Waschstraßenfall“ beim BGH – aber dieses Mal mit anderem Ausgang (Urteil vom 22.05.2025, Az. VII ZR 157/24).
Sachverhalt:
Der Kläger wollte im September 2022 mit seinem Pkw BMW X3 die Waschanlage der Beklagten benutzen. Vor der Einfahrt zur Waschanlage befand sich ein Schild, welches unter anderem folgenden Hinweis enthielt:
„Tank- und Wartungsklappen müssen sicher verriegelt sein, Nummernschilder müssen vorschriftsmäßig und sicher befestigt sein.“
Das Fahrzeug des Klägers war aber – wie alle Fahrzeuge aus derselben Baureihe – mit einem Tankdeckel ohne Verriegelungsmöglichkeit bei der Nutzung einer üblichen vollautomatisierten Waschstraße ausgestattet. Nichtsdestotrotz fuhr der Kläger in die Waschstraße ein. Dabei öffnete sich der Tankdeckel, riss ab und verursachte Lackschäden am Fahrzeug. Die Kosten für die Reparatur dieser Schäden verlangt der Kläger ersetzt. In der ersten Instanz war er erfolgreich, in zweiter Instanz unterlag er.
Entscheidung:
Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufrechterhalten und den Schadensersatzanspruch des Klägers verneint.
Laut BGH umfasst der Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs als Nebenpflicht die Schutzpflicht des Waschanlagenbetreibers, das Fahrzeug vor Beschädigungen beim Waschen zu bewahren. Deshalb muss derjenige, der durch den Betrieb einer Waschanlage eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Im Rahmen dieser Sorgfaltspflichten hat der Anlagenbetreiber über die mit der Nutzung der Anlage einhergehenden Gefahren in geeigneter, ihm zumutbarer, ausreichend deutlicher und verständlicher Weise zu informieren.
Der Betreiber einer Waschanlage haftet nur bei Vorliegen einer von ihm vertretenden Pflichtverletzung. Eine solche lag aber nicht vor. Denn der Schaden beruhte auf einem selbsttätigen Öffnen des Tankdeckels durch Druck auf den Deckel während des Waschvorgangs. Diese Öffnung des Tankdeckels hatte ihre Ursache darin, dass das Fahrzeug des Klägers aufgrund seiner baureihenspezifischen technischen Ausstattung über keine Verriegelungsmöglichkeit bei der Nutzung einer vollautomatisierten Waschstraße verfügt.
Eine Fehlfunktion der Anlage und eine Pflichtverletzung das Waschanlagenbetreibers war somit nicht gegeben. Die Anlage funktionierte „regelkonform“. Zudem hat die Beklagte den Benutzer der Anlage über die Gefahr der Öffnung des Tankdeckels in der Anlage mit dem obenstehenden Hinweis ausreichend informiert.
Nicht hinweisen muss der Anlagenbetreiber auf den Umstand, dass das Fahrzeug des Klägers – wie alle Fahrzeuge aus dieser Baureihe – über keine Verriegelungsmöglichkeit des Tankdeckels bei der Nutzung einer vollautomatisierten Waschstraße verfügt. Es ist Sache des Kunden, den Hinweis vor Einfahrt in die Waschstraße umzusetzen und sicherzustellen, dass dies bei seinem Fahrzeug möglich ist, oder von der Nutzung der Anlage Abstand zu nehmen.
In beiden vom BGH entschiedenen Fällen traten Schäden an den Pkws während des Waschgangs ein, deren Ursache in den Eigenheiten der Fahrzeuge lag. Keiner der Vertragsparteien war das Risiko bewusst und dennoch ist das Ergebnis unterschiedlich: Einmal haftet der Anlagenbetreiber, einmal der Nutzer. Der Unterschied liegt in den sichtbar angebrachten AGB: Nur der Hinweis im jetzigen Fall war ausreichend.
Für das Autohaus heißt das Folgendes:
Die Haftung nach einem „Unfall“ in der Waschanlage ist meist äußerst strittig. Die Haftpflichtversicherungen der Waschanlagenbetreiber lehnen außergerichtlich schnell die Haftung ab. Dies sollte das Autohaus wissen, bevor es mit der Reparatur des Fahrzeugs in „Vorlage geht“. Denn nicht selten muss sich das Autohaus dann an den Geschädigten als Auftraggeber wenden – und trägt damit das Ausfallrisiko.
Für den Sachverständigen heißt das Folgendes:
Die Schäden am Fahrzeug nach einem „Unfall“ in der Waschstraße können zwar am besten durch ein Sachverständigengutachten dokumentiert werden, allerdings gilt aufgrund der oftmals umstrittenen Haftungslage für den Gutachter im Hinblick auf sein Honorar dasselbe wie für das Autohaus.
Für den Geschädigten heißt das Folgendes:
Bei der Prüfung, ob ein Waschanlagenbetreiber für einen Schaden haftet, kommt es immer auf den Einzelfall an. Die Feststellung, dass ein Schaden durch eine Waschanlage verursacht wurde und kein fehlerhaftes Verhalten des Geschädigten vorliegt, kann in der Praxis regelmäßig nur von einem Sachverständigen ermittelt werden. Für diese Gutachten werden mittlerweile Kostenvorschüsse von 3.000 bis 4.000 Euro angefordert, so dass solche Verfahren nur mit einer Rechtsschutzversicherung, die die Kosten übernimmt, zu empfehlen sind.